Leitsätze für die Gestaltung barrierefreier Produkte

modifizierte Übersetzung der Principles for Universal Design
[Rolf Nill, Volker Doose; Orientierung: In: Axel Stemshorn (Hrsg.); Barrierefrei Bauen für Behinderte und Betagte; 5. Aufl. 2003]

Gleichberechtigte Nutzbarkeit

  1. Für alle Nutzer sollte eine gleichartige, mindestens vergleichbare Nutzbarkeit sichergestellt werden.
  2. Ausgrenzung oder Stigmatisierung von Nutzern sollte vermieden werden.
  3. Vorkehrungen zum Schutz der Privatsphäre, Sicherheits- und Schutzmaßnahmen sollten allen Nutzern gleichermaßen offen stehen.
  4. Die Produktgestaltung sollte möglichst alle Nutzer ansprechen.

Flexibilität im Gebrauch

  1. Das Produkt sollte unterschiedliche Arten der Nutzung ermöglichen.
  2. Das Produkt sollte für Rechts- und Linkshänder gleichermaßen zugänglich sein und von ihnen gleichermaßen genutzt werden können.
  3. Das Produkt sollte so gestaltet sein, dass mit diesem genau und präzise umgegangen werden kann.
  4. Das Produkt sollte eine Anpassung an das Tempo des Nutzers ermöglichen.

Einfache, intuitive Benutzung

  1. Unnötige Komplexität sollte vermieden werden.
  2. Die Bedienung sollte den Erwartungen und der Intuition des Nutzers entsprechen.
  3. Unterschiedliches Bildungsniveau und unterschiedliche Sprachfähigkeiten sollten berücksichtigt werden.
  4. Informationen sollten entsprechend ihrer Wichtigkeit angeordnet werden.
  5. Aufforderungen an den Nutzer und Rückmeldungen während und nach Beendigung der Aufgabe sollten wirkungsvoll gestaltet werden.

Wahrnehmbare Informationen (Zwei-Kanal-Prinzip)

  1. Für die Darbietung wesentlicher Informationen müssen mindestens zwei der Sinne (Sehen, Hören, Fühlen) genutzt werden.
  2. Die Kontraste zwischen Information und Hintergrund sollten angemessen sein.
  3. Die Erkennbarkeit wesentlicher Informationen sollte maximiert werden.
  4. Informationselemente sollten so gestaltet werden, dass sie sich deutlich unterscheiden und somit leicht zu beschreiben sind.
  5. Produkte sollten mit verschiedenen Techniken oder Hilfsmitteln kompatibel sein, die üblicherweise bei sensorischen Einschränkungen benutzt werden.

Fehlertoleranz

  1. Elemente sollten so angeordnet werden, dass Gefährdungen und Fehler minimiert werden: Häufig genutzte Elemente sollten am leichtesten zugänglich sein. Gefährliche Elemente müssen vermieden, gesichert oder abgedeckt werden.
  2. Vor Gefährdungen und Fehlern sollte ausreichend und verständlich gewarnt werden.
  3. Leistungsmerkmale sollten fehlertolerant sein.
  4. Bei Aufgaben, die Aufmerksamkeit erfordern, sollte unbeabsichtigten Aktionen vorgebeugt werden.

Belastungsarme Nutzung

  1. Die Körperhaltung sollte belastungsarm sein.
  2. Der Kraftaufwand sollte im vertretbaren Rahmen gehalten werden.
  3. Sich wiederholende Vorgänge sollten minimiert werden.
  4. Dauerbelastungen sollten minimiert werden.

Erreichbarkeit und Zugänglichkeit

  1. Wichtige Elemente sollten aus stehender und sitzender Position eingesehen werden können.
  2. Alle Elemente sollten in stehender und sitzender Position leicht erreichbar sein.
  3. Unterschiedliche Handgrößen und Greifarten sollten berücksichtigt werden.
  4. Bewegungsräume und -flächen sollten auch für den Gebrauch von Hilfsmitteln oder für persönliche Assistenz ausreichen.

Schrift- und Bildzeichen

Schrifthöhe

"In Fließtexten sollte die Schrifthöhe in einem Sehwinkel von 22° wahrgenommen werden können und sollte einen Wert von 3 mm (12-Punkt-Schrift) nicht unterschreiten."

Groß- und Kleinschreibung

national übliche Groß- und Kleinschreibung sollte verwendet werden

Serifen

Serifenschriften sind schlechter lesbar und können von Vorlesegeräten oder Scannern meist nur unzureichend erkannt werden.

Anforderungen an die Gestaltung von Schriften

Der Fachbericht enthält umfangreiche Angaben zur Schrifgestaltung, ebenso das Handbuch für Planer und Praktiker "Verbesserung von visuellen Informationen im öffentlichen Raum".

Empfohlene Schriftgrößen für visuelle Informationen
[Quelle:Verbesserung von visuellen Informationen im öffentlichen Raum]
Entfernung, aus der
Schrift noch erkannt
werden soll
Schriftgröße bei
1° bis 2° Sehwinkel
Beispiele
30 m 52 cm bis 104 cm Hinweis auf U-Bahn-Station
25 m 44 cm bis 87 cm Abfahrtzeiten
20 m 35 cm bis 70 cm Bahnsteig-Nummern
15 m 26 cm bis 52 cm Straßenschild
10 m 17 cm bis 35 cm Hinweis auf Verkaufsstelle
5 m 9 cm bis 18 cm Türschild
2 m 3,5 cm bis 7 cm Linienplan
1 m 1,8 cm bis 3,5 cm Monitore/Displays
30 cm 0,5 cm bis 1 cm Fahrplan
25 cm 0,4 cm bis 0,9 cm Buchfahrplan, Informationsbroschüren

Schriftarten nach DIN 1451

Zu den DIN-, ISO- und OCR-Schriften gehören u.a.:

  • serifenlose Engschrift, Engschrift Alternative, Mittelschrift und Mittelschrift Alternative nach DIN 1451
  • serifenlose Verkehrsschrift nach DIN 1451-2
  • Akzidenz-Grotesk, Akzidenz-Grotesk-Buch, Helvetica, Edel-Grotesk nach DIN 1451-3
  • serifenlose Schablonenschrift für Gravuren und andere Verfahren nach DIN 1451-4
  • Neuzeit Grotesk Light und Neuzeit Grotesk Bold Condensed nach DIN 30640
  • serifenlose ISO-Schrift nach DIN 6776
  • OCR A und OCR A Alternate nach DIN 66008
  • OCR B und OCR B Alternate nach DIN 66009
  • HTML- und ASCII-Zeichensätze nach ISO 8859: ISO 8859-1 (Latin-1) Westeuropa

Farbkombinationen

Farbe

Unterstützung durch geeignete farbliche Gestaltung

Farben sollten leicht feststellbar, identifizierbar und unterscheidbar sein.

Die Zuordnung der Farben sollte der Bedeutung der Aufgaben entsprechen.

Wenn der Leuchtdichtekontrast stimmt, sind alle Farbkombinationen akzeptabel.

Textfarbe und Hintergrundfarbe im web

Empfohlene Farbkombinationen für Zeichen und Untergrund

Unter-
grund-
farbe
Zeichenfarbe
schwarz weiß purpur blau cyan grün gelb rot
schwarz 000000 (+) (+) (-) (+) (+) (+) (-)
weiß (+) FFFFFF (+) (+) (-) (-) (-) (+)
purpur (+) (+) FF00FF (-) (-) (-) (-) (-)
blau   (+) (-) 0000FF (+) (-) (+) (-)
cyan (+) (-) (-) (+) 00FFFF (-) (-) (-)
grün (+) (-) (-) (+) (-) 00FF00 (-) (-)
gelb (+) (-) (+) (+) (-) (-) FFFF00 (-)
rot (-) (+) (-) (-) (-) (-) (+) FF0000

[Quelle: DGUV Information 215-410 (ehemals BGI 650) Bildschirm- und Büroarbeitsplätze Leitfaden für die Gestaltung, Abschnitt 8.2]

Empfehlungen zu barrierefreien Kontrasten für Vierfarbdruck oder Monitoranwendungen

Autorinfo

nullbarriere.de

Frau Dipl.-Ing. Arch. Sonja Hopf

Rigaer Str. 89
10247 Berlin

030 52696250

Zusatzinfo

Den DIN-Fachbericht 124, Gestaltung Barrierefreier Produkte erhalten Sie beim
Beuth-Verlag.


weitere Quellen

ISO/IEC-Guide 71 "Leitfaden zur Berücksichtigung von Barrierefreiheit in Normen" (Dezember 2012), identisch mit CEN/CENELEC Guide 6 "Guide for addressing accessibility in standards" (Juni 2014)


coverscan

Farben: Ausdruck und Wirkung

Farben sprechen nicht nur das Auge an, sondern auch die Seele und zugleich die übrigen Sinne. Sie wirken immer ganzheitlich. Deshalb stellen wir ihnen auch oft übertragene Bezeichnungen bei, sprechen von einem süßen Rosa, so als ob uns die Farbe schmecke, von einem schreienden Rot, als ob wir sie hörten, einem modrigen Grün, als ob wir sie riechen könnten, einem weichen Blau, als ob sie zu tasten wäre, oder auch einem leichten Weiß, als ob sie Gewicht hätte.

Tipps

WC-Notrufanlage

WC-Notrufanlage

Der Notruf muss vom WC-Becken aus sitzend und vom Boden aus liegend ausgelöst werden können.

Vernetzter WC-Notruf

Vernetzter WC-Notruf

mit 24-Stunden-Rufweiterleitung für öffentliche WCs, auch an abgelegenen Orten.

Lift-Toilette

Lift-Toilette

für Aufputz- und Unterputz­montage, elektrisch stufenlos höhenverstellar

Höhenverstellbare Module

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für WC und Waschtisch

Waschtische

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Barrierefreie Waschtische mit integrierter Aufstehhilfe und Handtuchhalter