Barrierefreie Überquerungsstellen im Verkehrsraum
Überquerungsstellen müssen den unterschiedlichen Ansprüchen sowohl der motorisch eingeschränkten Menschen sowie der Menschen mit visuellen Behinderungen entsprechen.
Fortbildung für Architekten/Planer und Entscheidungsträger
für die barrierefreie Gestaltung öffentlicher Verkehrsanlagen nach DIN 18040-3 und DIN 32984.
Webinar Öffentlicher Raum im September 2025
Seminar Barrierefreie öffentliche Infrastruktur
Barrierefreie Überquerungsstellen
Für alle Menschen, und insbesondere für alle mit Behinderungen, ist eine klare Unterscheidbarkeit von Fahrbahn und Gehweg Voraussetzung, damit sie einen sicheren Raum haben, in dem sie sich gefahrlos bewegen können. Für die meisten, auch für Menschen im Rollstuhl oder mit Rollator, reicht hierfür eine deutliche visuelle Grenze aus.
Ein Bord kann die Grenze aber zusätzlich verdeutlichen und außerdem dabei helfen, den Kfz.-Verkehr vom Gehweg fernzuhalten. Für blinde und sehbehinderte Menschen muss aber eine zusätzliche taktil wahrnehmbare Grenze vorhanden sein, also i. d. R. ein Bord mit deutlichem Höhenunterschied.
Das Überqueren von Straßen ist – neben dem Einstieg in Bus oder Bahn - für behinderte Menschen die schwierigste und gefahrvollste Aufgabe, die sich ihnen im Verkehrsraum stellt. Für sie alle gilt es hier, den richtigen Zeitpunkt für die Querung zu wählen, auf das Verkehrsgeschehen und ggf. die Lichtsignalanlage zu achten.
Aber bei der Querung unterscheiden sich die Ansprüche von Menschen mit sensorischen und motorischen Behinderungen deutlich. Während die einen einen Bord als taktile Grenze zur Fahrbahn benötigen, ist eine solche Stufe natürlich mit Rollstuhl und Rollator ein Hindernis, das überwunden werden muss.
Für sie alle ist die Überquerung ein komplexer Prozess, für blinde und sehbehinderte Menschen heißt es, zuvor überhaupt die Querungsstelle zu finden, die Grenze zur Fahrbahn zu erkennen, dann die Querungsrichtung zu bestimmen. Dabei ist nicht sicher, dass die Querung senkrecht zum Bord erfolgen muss, ggf. ist auf ein Richtungsfeld zu achten, auf die Akustik der Ampel oder den Richtungspfeil des Tasters. Dann kann die Querung begonnen werden, wenn der Verkehr auf der Fahrbahn dies erlaubt. Dabei muss die Richtung auch bei Störungen gehalten werden.
Menschen im Rollstuhl oder mit Rollator müssen den Bord überqueren und ggf. die günstigste Stelle mit dem niedrigsten Bord suchen. Von oben, beim Verlassen des Gehweges, ist die Bordhöhe oft schwer einzuschätzen und die Lage der Nullabsenkung nicht präzise zu sehen.
Ältere mit Rollator sehen oft auch noch schlecht, und bei viel Fußgängerverkehr und v. a. vielen Wartenden an der Kante wird eine nur 1 m breite Absenkung oft schlecht getroffen, der Rollator geht dann leicht mit einem Rad über eine höhere Kante und es kann zu Stürzen führen, v. a. wenn ein Rollator von Menschen genutzt wird, die Gleichgewichtsprobleme haben. Auf der Gegenseite heißt es dann, möglichst schnell die Fahrbahn zu verlassen, hier muss ein Bord aufwärts überquert werden.
Überquerungsstellen müssen also den unterschiedlichen Ansprüchen sowohl der motorisch eingeschränkten Menschen sowie der Menschen mit visuellen Behinderungen entsprechen.
DIN 18040-3 (DIN 18040-3 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen. Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum - Ausgabe 2014-12; eine überarbeitete Fassung zur Anpassung an die Europanorm DIN EN 17210 erschien als Entwurf im Januar 2023) bietet hierfür als Kompromiss zwei verschiedene Möglichkeiten an:
- Ein Bord von genau 3 cm über die gesamte Querungsstelle, möglichst mit einer Kantenausrundung von 2 cm, ist mit Rollstuhl und Rollator noch einigermaßen überwindbar und mit dem Langstock auch von oben noch einigermaßen ertastbar (siehe Untersuchung der BASt: Bordsteinkanten mit einheitlicher Bordhöhe und Bodenindikatoren an Überquerungsstellen, Heft V 242 der Bundesanstalt für Straßenwesen). Dabei ist zu beachten, dass die 3 cm auch langfristig gewährleistet sein müssen, denn für beide ist dieses Maß wirklich grenzwertig. Zur Unterstützung der Wahrnehmbarkeit sollte gemäß DIN 32984 (DIN 32984 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum, Ausgabe 2023-04) der gesamte 3 cm hohe Bereich mit einem Richtungsfeld versehen sein.
- Eine differenzierte Bordhöhe mit getrennten Querungsbereichen, einem niveaugleichen und einem mit 6-cm-Bord. Dabei muss der abgesenkte Bereich mit einem Sperrfeld versehen sein und im Bereich des 6-cm-Bordes ist ein Richtungsfeld vorzusehen, das die Querungsrichtung anzeigt.
Bei gesicherten Querungen, also mit Lichtsignalanlage oder Zebrastreifen, führt immer ein Auffindestreifen mit Noppen zum Richtungsfeld. Bei Querungen mit differenzierte Bordhöhe ist es wichtig, blinde und sehbehinderte Menschen direkt zu ihrem Querungsbereich zu führen und zu vermeiden, dass sie zuerst auf die Nullabsenkung stoßen. Deshalb sollte bei ungesicherten Querungen auch ein Auffindestreifen angeordnet werden. Damit die ungesicherte Querungsstelle aber von gesicherten unterscheidbar bleibt, soll dieser Auffindestreifen 60 – 90 cm vor dem Richtungsfeld enden.
Dieser verkürzte Auffindestreifen wurde in der Fassung der Bodenindikatorennorm DIN 32984 im Jahr 2020 neu aufgenommen. Vorher war die Auffindbarkeit von Richtungsfeldern bei ungesicherten Querungen sehr erschwert, es konnte nur ein Aufmerksamkeitsfeld an der inneren Leitlinie angebracht werden. Hessen hatte deshalb auf die Unterscheidbarkeit von gesicherten und ungesicherten Querungen lange verzichtet, weil ohne die Führung durch einen Auffindestreifen Blinde und Sehbehinderte zu leicht in die Nullabsenkung geraten können.
Die Querungsstelle mit differenzierter Bordhöhe bietet also motorisch wie sensorisch behinderten Menschen die günstigsten Voraussetzungen, indem sie beiden einen besonderen Bereich gemäß ihren Anforderungen zuweist. Sie ist allerdings etwas aufwendiger und funktioniert nur, wenn v. a. die Bodenindikatoren richtig ausgeführt sind. Andererseits ist allerdings der Einbau eines auch langfristig genau 3 cm hohen Bordes nicht ohne Schwierigkeit und im Grunde nur möglich bei Verwendung spezieller Formsteine mit angeformter Rinne.
Breite von Fußgängerüberquerungen
International ist an Querungsstellen eher die Absenkung des Bordes auf Fahrbahnniveau Standard, auch in unseren Nachbarländern. Die Grenze zur Fahrbahn wird dann für Blinde und Sehbehinderte mit Bodenindikatoren markiert. Dem entspricht auch die Forderung eines niveaugleichen Übergangs zur Fahrbahn in der 2021 als DIN EN 17210 erschienenen Europanorm (DIN EN 17210 Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umgebung - Funktionale Anforderungen, Deutsche Ausgabe 2021-08).
Zur Breite dieses Übergangs bei gesicherten Querungsstellen heißt es ...
Die vollständige Information zu den Barrierefreien Querungsstellen steht hier zum Downloaden bereit.
Download mit Login
Barrierefreie Querungsstellen mit Hinweisen auf DIN EN 17210 (ca. 916 kB)