Richtlinie VDI 6008 Blatt 4 - Aufzugs- und Hebetechnikvdi-6008-4.htm?output=print

VDI 6008 Blatt 4 Barrierefreie Lebensräume - Möglichkeiten der Aufzugs- und Hebetechnik [2017-11]

Die Richtlinie nimmt inhaltlich den Abschnitt 7 "Fördertechnik" der Richtlinie VDI 6008 Blatt 1: 2005-08 auf. Die unterschiedlichen Nutzergruppen und deren Anforderungen werden in VDI 6008 Blatt 1 beschrieben. Die fördertechnischen Lösungsmöglichen sind primär nach den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten.

Diese Richtlinie ist Teil der Richtlinienreihe VDI 6008 zum Thema "Barrierefreie Lebensräume".

[Auszug]

In dieser Richtlinie werden Aufzüge nach Aufzugsrichtlinie (Richtlinie 95/16/EG) und Aufzüge nach Maschinenrichtlinie (Richtlinie 2006/42/EG) sowie sonstige Fördereinrichtungen behandelt. Wesentliche Unterscheidungsmerkmale zwischen Aufzug und Maschine liegen in Fahrgeschwindigkeit und Betätigung.

Anmerkung der Redaktion: "Die Richtlinie 95/16/EG wurde mit Wirkung vom 20. April 2016 aufgehoben. Es ist nun die Richtlinie 2014/33/EU anzuwenden."

Ein Aufzug fährt mit einer Fahrgeschwindigkeit > 0,15 m/s zwischen festgelegten Ebenen von Gebäuden und Bauteilen mittels eines betretbaren Lastträgers, der zur Personen- und/oder Güterbeförderung bestimmt ist und an starren Führungen oder in einer vollständig räumlich festgelegten Bahn bewegt wird.
Aufzüge nach Maschinenrichtlinie müssen mit dem Lastträger < 0,15 m/s fahren und haben eine "Totmannschaltung" (Schalter, der nur in aktiv gedrückter Position eine Fahrbewegung zulässt) als Sicherheitseinrichtung.

1 Anwendungsbereich

Die Richtlinie zeigt, in Ergänzung zu Normen des barrierefreien Bauens und anderen Regeln, Möglichkeiten der Fördertechnik auf, um Barrieren zu reduzieren, Sicherheit zu erhöhen und Komfort zu verbessern. Die Richtlinie geht dabei auf die Individualität der Nutzer ein.
...

4.1 Planungsempfehlungen für unterschiedliche Nutzergruppen

Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen können voneinander abweichende Erwartungen an Förderanlagen haben.

Diese Richtlinie zeigt Maßnahmen für folgende Nutzergruppen:

  • Senioren/Senioren mit Einschränkungen, gefährdet
    • deutlich optisch und taktil kontrastierende Bedienelemente | Beschriftung der Bedienelemente nur in taktiler Schwarzschrift | deutlich kontrastierende Gestaltung innen und außen | Sanftanlauf | schwellen- und sickenfreier Zugang | Handläufe und Sitzmöglichkeit | deutliche Ansagen im Aufzug, keine Hintergrundmelodien oder Werbung | Signaltöne in mehreren Frequenzen | optische Anzeigen
  • Rollstuhlfahrer/Gehbehinderte/bewegungs-eingeschränkte Menschen
  • blinde Menschen oder sehbehinderte Menschen
  • gehörlose Menschen oder schwerhörige Menschen
  • Menschen mit geistigen Behinderungen oder Demenz
  • andere Personen mit besonderen Anforderungen

Die Anforderungen dieser Nutzergruppen werden (auch) in VDI 6008 Blatt 1 genau aufgelistet.

Tabelle 1: Empfehlungen barrierefreier Fördertechnik
Einstufung nach Komfort
und
Prävention
Barrierefreiheit
Zugänglichkeit und Unterstützung für
Kategorien 1a 1b 2 3 4a 4b 5a 5b 6 7a)
+ geeignet
0 bedingt geeignet
- nicht geeignet
Senioren Senioren mit Einschränkungen, gefährdet Rollstuhlfahrer Gehbehinderte/bewegungs- eingeschränkte Menschen blinde Menschen sehbehinderte Menschen gehörlose Menschen schwerhörige Menschen Menschen mit geistigen Behinderungen oder Demenz andere mit besonderen Anforderungen
Öffentlich zugängige Bestands- und Neubauten sowie Privatgebäude Aufzüge nach Aufzugsrichtlinie + + + + +b) +b) +b) +b) 0 +
Öffentlich zugängige Neubauten Aufzüge nach Aufzugsrichtlinie - - - - - - - - - -
Öffentlich zugängige Bestandsgebäude Aufzüge nach Aufzugsrichtlinie
vertikaler Plattformaufzug mit Schacht 0 0 0 0 0b) 0b) 0b) 0b) - 0
vertikaler Plattformaufzug ohne Schacht 0 0 0 0 0b) 0b) 0b) 0b) - 0
Treppenschrägaufzug - - - - 0b) 0b) 0b) 0b) - -
Lifttreppe 0 0 0 0 0b) 0b) 0 0b) - 0
Hubbühne 0 0 0 0 0b) 0b) 0b) 0b) - 0
Privatgebäude vertikaler Plattformaufzug mit Schacht + + + + 0b) 0b) 0b) 0b) 0 0
vertikaler Plattformaufzug ohne Schacht + + + + 0b) 0b) 0b) 0b) 0 0
Treppenschrägaufzug + + + + 0b) 0b) 0b) 0b) 0 0
Lifttreppe 0 0 0 0 0b) 0b) 0 0b) 0 0
Hubbühne 0 0 0 0 0b) 0b) 0 0b) 0 0
a) Die Kategorie 7 berücksichtigt Bedürfnisse von z. B. Kindern, Eltern mit kleinen Kindern, kleinwüchsigen Menschen, oder Menschen mit besonderen Einschränkungen, die im jeweiligen Fall zu benennen sind.
b) Bei diesen Nutzergruppen dient der Einsatz von Fördertechnik in der Regel nicht der Verbesserung der persönlichen Mobilität. Wenn Fördertechnik benutzt wird oder benutzt werden muss, bestehen besondere Anforderungen an die Ausstattung der Fördertechnik, siehe Abschnitt 4.1.

4.2 Planungsempfehlungen für unterschiedliche Gebäudekategorien

Wesentliche Beurteilungskriterien bei der Planung sind beispielsweise die vorgesehene Nutzung im öffentlichen, privaten oder gewerblichen Umfeld. Hierzu werden in der Richtlinie Planungsempfehlungen für unterschiedliche Gebäudekategorien zusammengefasst, durch die erwartungsgemäß der größtmögliche Nutzerkreis profitiert.

Im Grundsatz gilt für Gebäude: Alle öffentlich zugängigen Bereiche müssen für Menschen mit Gehbehinderungen und Rollstuhlfahrer erschlossen sein. Aufzüge sollen für diese Bereiche so geplant und ausgeführt werden, dass sie auch zur Evakuierung genutzt werden können.

Wichtig für die Findung einer optimalen Lösung ist, ob eine Person ohne oder nur mit fremder Hilfe eine fördertechnische Einrichtung benutzen kann. Für Menschen, die nur begleitet unterwegs sein können, sind andere Voraussetzungen zu schaffen, z. B. zusätzlicher Platz für Begleitperson(en).

Für folgende Gebäudekategorien ergeben sich Planungsempfehlungen:

  • private Wohngebäude
    ...
  • Mietwohnungsbau
    Bei einem Mietwohnungsbau kann nicht vorhergesagt werden, welche individuellen Bedarfe Mieter aufweisen werden. Der Bauherr sollte erwägen, über die Mindestanforderungen der Bauordnung hinausgehend sämtliche Wohnungen des Gebäudes barrierefrei erreichbar zu machen. Schließlich sind nicht nur behinderte Mieter, sondern auch behinderte Besucher zu berücksichtigen.
    • Dem Einbau von Aufzugsanlagen nach Aufzugsrichtlinie ist unbedingter Vorrang einzuräumen, da potenzielle Nutzer in der Regel unbekannt sind.
    • Bei nachträglichen Anpassungen für Einzelpersonen können Aufzüge nach Maschinenrichtlinie eingebaut werden.
  • Verkaufsstätte
    ...
  • Büro- und Verwaltungsgebäude
    Menschen mit Behinderungen sind auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. Der Büro- und Verwaltungsbereich ist ein wichtiger Beschäftigungssektor für Menschen mit Behinderungen, darum kommt ihm besondere Bedeutung zu. Um Einstellungshemmnisse zu vermeiden, sollen auch nicht öffentlich zugängige Büro- und Verwaltungsbauten konsequent barrierefrei geplant und gebaut werden.
    • Im Bereich der öffentlichen Verwaltung ist in den öffentlich zugängigen Bereichen eine Nutzung für alle Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Fördertechnische Lösungen müssen die Vorgaben der DIN 18040-1 einhalten.
    • Bei Neubauten sind Aufzüge nach Aufzugsrichtlinie vorzusehen.
    • Bei Bestandsgebäuden können bei nachträglichen Anpassungen Aufzüge nach Maschinenrichtlinie eingebaut werden. Auch hier gilt jedoch Aufzügen nach Aufzugsrichtlinie der unbedingte Vorzug.
  • Versammlungsstätten/Kultureinrichtungen/Kinos
    ...
  • Sakralbauten/Aussegnungshallen/Gemeindezentren
    ...
  • Sportstätten
    ...
  • Einrichtungen des Gesundheitswesens/Praxen/ Krankenhäuser
    ...
  • Alten- und Pflegeheime
    ...
  • Einrichtungen des Bildungswesens/Kindergärten
    ...
  • Hochhäuser
    ...

7 Anforderungen an Aufzüge nach Maschinenrichtlinie

Skizze Aufzug mit LeitsystemSkizze Ausführung Treppenmlifte, Hebebühnen

Aufzüge nach Maschinenrichtlinie unterliegen einer Begrenzung ihrer maximalen Fördergeschwindigkeit von 0,15 m/s. Sie verfügen meist über keinen geschlossenen Förderkorb und werden mit einer Totmannsteuerung bedient. Bei der Totmannsteuerung handelt es sich um einen Schalter, der nur in aktiv niedergedrückter Position eine Fahrbewegung zulässt. Die konstruktive Ausführung sowie die erforderlichen Sicherheitsanforderungen sind in DIN EN 81-40 und DIN EN 81-41 beschrieben.

Bei der Planung eines Aufzugs nach Maschinenrichtlinie ist auf eine Mindestnennlast nach DIN EN 81-40 und DIN EN 81-41 zu achten. Sollen mit dem Gerät auch Elektrorollstühle angehoben werden – davon ist in öffentlich zugängigen Gebäuden im Bestandsfall immer auszugehen – ist zu prüfen, ob die Normangaben ausreichend sind.
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7.1 Allgemeine Anforderungen an vertikale Plattformaufzüge

Elektrisch betriebene, vertikale Plattformaufzüge sind mit und ohne Schacht erhältlich und können Höhen von wenigen Zentimetern bis zu mehreren Stockwerken überbrücken. Sie lassen sich einfacher und somit kostengünstiger einbauen, da sie nur eine geringe Unterfahrt von wenigen Zentimetern benötigen. Eine Überfahrt ist nicht erforderlich.

In öffentlich zugängigen Bestandsgebäuden muss die barrierefreie Plattform mindestens 1100 mm × 1400 mm betragen, um ausreichend Platz für einen Rollstuhl mit Begleitperson zu bieten. Die Anord-nung kann innerhalb oder außerhalb eines Gebäudes erfolgen. Vertikale Plattformaufzüge sind mit sehr unterschiedlichen Antrieben erhältlich, die sich in Laufruhe und Platzbedarf unterscheiden.
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7.2 Treppenschrägaufzüge

Elektrisch betriebene Treppenschrägaufzüge (siehe Bild 5 und Bild 6) im Innen- und Außenbereich mit geneigter Fahrbahn und Lastaufnahmemittel mit Sitz, Stehplattform oder Rollstuhlplattform müssen mindestens DIN EN 81-40 entsprechen, um die Nutzung des Treppenschrägaufzugs durch eine mobilitätseingeschränkte Person zu gewährleisten.

Um eine unbefugte Nutzung zu unterbinden und den Treppenschrägaufzug auf den vorgesehenen Personenkreis zu beschränken, ist gemäß DIN EN 81-40 ein verriegelbarer Ein- und Ausschalter vorzusehen.

Durch den nachträglichen Einbau eines Treppenschrägaufzugs im Treppenraum darf die Funktion der notwendigen Treppe als Teil des ersten Rettungswegs und die Verkehrssicherheit der Treppe grundsätzlich nicht beeinträchtigt werden.

Ein Handlauf muss weiterhin zweckentsprechend genutzt werden können. Ein bauseits installierter Handlauf an der Innen- oder Außenwandseite kann bei außen oder innen geführten Fahrbahnrohren des Treppenschrägaufzugs zusätzlich zweckentsprechend genutzt werden.
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7.3 Sonstige Hebezeuge nach Maschinenrichtlinie

7.3.2 Niveaugleich im Boden versenkbare Hubbühnen

Hubbühnen dieser Bauweise bilden mit dem umgebenden Boden im Ruhezustand eine ebene Fläche. Die Oberfläche der Plattform lässt sich mit dem Material des umliegenden Bodenbelags ausstatten und fügt sich unauffällig in das vorhandene Gestaltungsbild ein.
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Autorinfo

VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V.

40468 Düsseldorf

Verein Deutscher Ingenieure e.V., Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik, Fachbereich Architektur
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Zusatzinfo

Die Richtlinie VDI 6008 gibt Hinweise zur Ausstattung von Wohnungen für Senioren oder Menschen mit Einschränkungen hinsichtlich Beleuchtungstechnik, Elektroinstallation, Kommunikations- und Sicherheitstechnik und Fördertechnik.

Sie ergänzt die bereits für die Sanitärtechnik vorliegenden Normen und Richtlinien um Hinweise, die sich aus dem Einsatz neuer Technologien für die gesamte Wohnumgebung ergeben.

Richtlinienreihe 6008

Ergänzend zur DIN 18040 werden in der neu gegliederten Richtlinienreihe VDI 6008 detaillierte Anforderungen an Barrierefreiheit einzelner gebäudetechnischer Anlagen gestellt. Die Ergänzungen zur Norm behandeln auch weitergehende nutzerspezifische Bedürfnisse von Menschen in jedem Alter ohne und mit Mobilitätseinschränkung oder Behinderung.

Die Richtlinienreihe VDI 6008 wendet sich an folgende Zielgruppen

  • Architekten und Ingenieure
  • ausführende Unternehmer
  • Beratungsstellen (z.B. Wohnraumanpassung)
  • Wohlfahrtsverbände und karitative Einrichtungen
  • kommunale und staatliche Bauämter
  • Bauherren und Investoren
  • Wohnungswirtschaft
  • betroffene Menschen und ihre Angehörigen
  • Schulungs- und Ausbildungseinrichtungen
  • Kostenträger nach Sozialgesetzbuch (SGB) für technische Maßnahmen

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