Bushaltestellen, Haltestellentypen, Radverkehr im Haltebereich
Mit der am 01.01.2013 in Kraft getretenen Novelle des Personenbeförderungsgesetz (PBefG) ist die Umsetzung der Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bis zum 01.01.2022 gesetzlich festgeschrieben.
Zahlen zum bundesweiten Stand der Barrierefreiheit der ÖPNV-Infrastruktur liegen weder beim Bund noch bei kommunalen Spitzenverbänden vor.
Vielerorts gibt es Ausnahmen, die zulässig sind, wenn sie im Nahverkehrsplan "konkret benannt und begründet" werden. Laut Bundesregierung sollen die Ausnahmemöglichkeiten des PBefG bis 2026 "gänzlich abgeschafft" werden.
Baut endlich barrierefreie Bushaltestellen, die dieses Prädikat auch verdienen!
Die Gesetzesnovelle verlangt eine „vollständig barrierefreie“ Nutzung der Nahverkehrsangebote. Dies bewirkt, dass überall eine eifrige Bautätigkeit zu beobachten ist. Leider ist das, was dann realisiert wird, nicht selten erschreckend falsch.
Beispiel 1
Der Weg, den die Spitze eines Blindenlangstockes beschreibt, wenn ein blinder Mensch an der "inneren Leitlinie" dieses Gehweges (am Kantenstein zur Grünfläche) entlang geht. So hat er es im Mobilitätstraining gelernt. Skurril: Trotz massenhaft eingebauter Bodenindikatoren findet er die Haltestelle nicht. Vergessen wurde nämlich das Notwendige: der "Auffindestreifen"!
Beispiel 2
Um ein spaltfreies Anfahren zu ermöglichen, muss die Busbucht eine Länge von 88,70 m aufweisen. Sie ist hier viel zu kurz für eine barrierefreie Haltestelle, sodass ...
... der Bus nicht an die durchaus hochwertigen Busborde heranfahren kann.
In der pdf-Datei werden die wichtigsten Aspekte zusammengestellt, die beim Bau und bei der Gestaltung einer barrierefreien Haltestelle zu beachten sind.
- Das Leitsystem für blinde und sehbehinderte Menschen muss normgerecht und funktional sein. Notwendiges muss, Überflüssiges darf nicht gebaut werden.
- Die Haltestellen sind so zu gestalten, dass der horizontale Spalt und die Höhendifferenz zwischen Bord und Buseinstieg nicht mehr als 5 cm beträgt.
- Wetterschutzeinrichtungen müssen am optimalen Platz stehen, Raum für Sitzplätze und für Rollstühle bieten. Wichtig sind u. a. barrierefreie Beschriftungen und barrierefreie Glasmarkierungen.
- Dynamische Fahrgastinformationen sollten an Umsteige-Haltestellen vorgesehen werden, die auch für blinde und sehbehinderte Menschen auffindbar und bedienbar sein müssen.
- Bereits bei der Auswahl der Haltestellentypen ist zu beachten, dass diese unterschiedlich gut barrierefrei gestaltet werden können: Haltestellenkap – Haltestelle am Fahrbahnrand - Haltestellenbucht.
- In nächster Nähe zur Bushaltestelle sollten möglichst gesicherte und gut konzipierte Querungsstellen vorhanden sein.
- Das Problemfeld "Radverkehr im Haltestellenbereich" wird breit diskutiert, auch im Hinblick auf Zebrastreifen über Radwege.
Leseprobe
Radverkehr im Haltestellenbereich
Das Verhältnis zwischen Radfahrern und Fußgängern ist gespannt. So stellte z. B. 2013 eine Untersuchung fest: "Radfahrer sind das größte Problem für alle, die zu Fuß in Berlin unterwegs sind." Dabei "sagten 56 Prozent, sie fühlten sich von Radfahrern auf dem Gehweg bedroht, 32 Prozent sogar von jenen Radfahrern, die ordnungsgemäß auf einem Radweg fahren, der aber direkt an den Gehweg grenzt." Im Bereich von Bushaltestellen treten die Konflikte besonders deutlich in Erscheinung, falls der Radverkehr im "Seitenraum" (im Bereich des Gehwegs) geführt wird.
Besonders anfällig für Konflikte sind Gestaltungen, bei denen der Ein- und Ausstiegsbereich als "Gehweg Radfahrer frei" gestaltet ist oder als "Mischfläche", die auch Radfahrer benutzen dürfen.
Fahrbahnführung des Radverkehrs: Haltestelle am Fahrbahnrand
"Zur Konfliktvermeidung an Haltestellen sind die Fahrbahnführungsvarianten ... der Seitenraumführung des Radverkehrs prinzipiell vorzuziehen ..."
Bei der Gestaltung wie in der Abbildung ist auf weite Strecken ein Radfahrstreifen markiert, der dann ca. 25 bis 30 m vor der Haltestelle in einen Angebotsstreifen übergeht. Im Bereich der Haltestelle gibt es keinerlei Markierung für den Radverkehr. Dauert der Aufenthalt des Busses in der Haltestelle länger, können Radfahrer auf der Straße am Bus vorbeifahren.
Von Vorteil ist es, dass Radfahrer kaum in Versuchung kommen, hier auf den Gehweg auszuweichen. Fußgänger und Radfahrer sind streng getrennt. Konflikte zwischen ihnen sind damit so gut wie ausgeschlossen. Unter dem Aspekt der Barrierefreiheit kann diese Lösung als optimal bezeichnet werden. Nachteilig ist es aber, dass die Abfahrten der Busse bei starkem Radverkehr nach dem Anhalten unschön verzögert werden können.
Der Auffindestreifen quert den gesamten Gehweg und führt zur vorderen Tür des Busses.
Der vollständige Fachbeitrag "Baut endlich BARRIEREFREIE Bushaltestellen, die dieses Prädikat auch verdienen!" steht hier zum Download bereit.
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