Bedarf an barrierefreien Wohnungen in Deutschland
Wie viele barrierefreie Wohnungen gibt es und wie hoch ist der Bedarf? Immerhin gab es 2018 bereits 884.00 barriereduzierte (!) Wohnungen. Die Recherche ergab einen Fehlbedarf von 386.000 Wohnungen für Rollstuhlfahrer/innen.
Barrierefreie nutzbare Wohnungen auch für Personen im Rollstuhl
Barrierefreie Wohnungen sind eine erhebliche Erleichterung des alltäglichen und selbstbestimmten Lebens für mobilitätseingeschränkte Menschen. Eine Wohnung wird als barrierefrei bezeichnet, wenn folgende Standards der Bauweise eingehalten werden:
- der Zugang zur Wohnung ist barrierefrei gestaltet,
- innerhalb der Wohnung oder zum Balkon/zur Terrasse sind keine Stufen und Schwellen zu überwinden,
- die Türen im Sanitärbereich haben eine ausreichende Breite,
- im Sanitärbereich herrschen ausreichende Bewegungsflächen vor,
- eine bodengleiche Dusche steht zur Verfügung.
Für Menschen, die in einem Rollstuhl sitzen, ist eine barrierefreie Wohnumgebung mit ausreichenden Bewegungsflächen unabdingbar. Grundlage ist hier die DIN 18040-2 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 2: Wohnungen. Die Anforderungen werden unterschieden nach
- barrierefrei nutzbaren und
- barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen (Markierung R).
Doch wie hoch ist die Anzahl der Menschen in Deutschland, die in einem Rollstuhl sitzen? Diese Kennzahl ist von besonderem Interesse, um den Bedarf an barrierefreien und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen zu ermitteln.
In der vorliegenden Untersuchung wurde daher der Versuch unternommen, anhand von Statistiken des Statistischen Bundesamtes die Anzahl der schwerbehinderten Menschen zu ermitteln, die in einem Rollstuhl sitzen und daher auf eine solche Wohnung angewiesen sind.
Wie viele schwerbehinderte Menschen in Deutschland sind auf einen Rollstuhl angewiesen?
Laut "Statistik der schwerbehinderten Menschen" des Statistischen Bundesamtes waren im Jahre 2019 insgesamt 7,9 Mio. Menschen in Deutschland mit Schwerbehindertenausweis bei den Versorgungsämtern registriert. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung, die 2019 bei rund 83,2 Mio. Menschen lag, entspricht das einem Anteil von 9,5% (2).
Um die Anzahl der Menschen zu ermitteln, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, wurde für die vorliegende Untersuchung folgende Annahme gemacht:
Einen Rollstuhl benötigen die Menschen, die ab einen gewissen Behinderungsgrad "erheblich Gehbehindert" (G) und "außergewöhnlich Gehbehindert" (aG) sind. Zur Berechnung der Menschen in Deutschland, die unter die genannten Kategorien G und aG fallen, wurde die "Statistik der schwerbehinderten Menschen 2019" zugrunde gelegt. (Bei der jeweiligen Art der Behinderung bezeichnen die Zahlen in Klammern den Grad der Behinderung.)
Unter die Kategorie G wurden dabei die Menschen gezählt, die eine der aufgezählten Behinderungen aufweisen:- Funktionseinschränkung von Gliedmaßen: eines Beines (ab 50-70), beider Beine (ab 50-70), eines Armes und eines Beines (ab 50-70), von drei Gliedmaßen (ab 50-70) (insgesamt: 505 496).
- Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und der Gliedmaßen: (ab 50-70) (insgesamt: 308 821).
- Querschnittlähmung, zerebrale Störungen: hirnorganische Anfälle (auch mit geistig-seelischen Störungen) mit neurologischen Ausfallserscheinungen am Bewegungsapparat (ab 80), hirnorganisches Psychosyndrom (Hirnleistungsschwäche, organische Wesensänderung) mit neurologischen Ausfallserscheinungen am Bewegungsapparat (ab 80) (insgesamt: 228 681).
Unter die Kategorie aG wurden Menschen gezählt, die eine der folgenden Behinderung aufweisen:
- Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und der Gliedmaßen: (ab 80) (insgesamt: 106 934).
- Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und des Rumpfes, Deformierung des Brustkorbes: Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und der Gliedmaßen (ab 80) (insgesamt: 106 934).
- Querschnittlähmung: Querschnittlähmung (ab 50) (insgesamt: 16 385).
Danach sind insgesamt rund 1,40 Mio. Menschen in Deutschland auf einen Rollstuhl angewiesen. Das entspricht rund 17,7% der schwerbehinderten Menschen und rund 1,68% der Gesamtbevölkerung in Deutschland im Jahr 2019.
Wie viele schwerbehinderte Menschen mit Rollstuhl benötigen eine barrierefreie Wohnung?
Diese Frage ist nur schwer zu beantworten, da es keine konkreten Zahlen gibt, wie viele der schwerbehinderten Menschen im Rollstuhl in einer eigenen Wohnung leben - noch dazu, ob es sich bei dieser Wohnung um eine Mietwohnung (privater Vermieter oder Wohnungsunternehmen) oder eine Eigentumswohnung handelt.
Da über die Hälfte (56%) der schwerbehinderten Menschen in Deutschland 65 Jahre und älter sind, ist davon auszugehen, dass ein Teil der Rollstuhlfahrer bereits in einem Heim oder in anderen Wohnform untergebracht ist.
Wenn angenommen wird, dass der Anteil der Rollstuhlfahrer unter den Bewohnern in etwa dem Anteil unter den Schwerbehinderten entspricht und damit rund 17% beträgt, sind rund 80.000 Menschen mit (R)Wohnraum versorgt.