Kirchen, Gemeindehäuser und Andachtsräume - Anforderungen an die Barrierefreiheit

Kapelle auf dem St. Jakobi-Friedhof in PeineLifttreppe für 3 SteigungenHandlauf am Treppenaufgang zum KirchenaltarSt. Nikolai Wismar, Mittelschiff

Der Wunsch nach barrierefreier Nutzung der Gotteshäuser bedarf fast immer einer Kompromisslösung mit der Denkmalpflege. Welche Bauten denkmalgeschützt werden, legt die Untere Denkmalbehörde der Kommune fest. Jedes Bundesland hat ein eigenes Denkmalschutzgesetz. Die evangelische Kirche besitzt ca. 75 000 Gebäude. Nahezu 25 000 Gebäude stehen unter Denkmalschutz.

Knappe kirchliche Mittel müssen gut geplant werden, nicht nur zur Erhaltung der Bausubstanz, sondern auch zur Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft.

Auch das Kfw Kreditprogramm 148 fördert Investitionen in die soziale Infrastruktur, wenn sie einem gemeinnützigen Zweck dienen.

Barrierefreie Zugänglichkeit betrifft nicht nur Menschen mit Handicap, sondern vorwiegend ältere Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Junge Familien mit Kinderwagen haben ebenfalls Probleme mit Barrieren, Stufen, schweren Türen...

Ebenso einzubeziehen sind die Belange von Sehbehinderten und Hörbehinderten.

Was ist zu tun?

Bauliche Maßnahmen

Jedes Bundesland verfügt über eine Landesbauordnung mit Paragrafen zum Barrierefreien Bauen. Genauere Hinweise zur Planung finden sich in den Normen zum Barrierefreien Bauen. Im Oktober 2010 wurde die Norm DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude verabschiedet. Die Norm gilt für Neubauten. Sie sollte aber sinngemäß für die Planung von Umbauten oder Modernisierungen angewendet werden.

Bei der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen zur Schaffung von barrierefreien Kirchen und Gemeinderäumen kommt es darauf an, kostengünstige Lösungen zu finden. Bestandsbauten barrierefrei umzugestalten, kann mit einem erheblich höheren Kostenaufwand verbunden sein.

Sehr aufwendig kann die barrierefreie Umgestaltung von Kirchen sein, die denkmalgeschützt sind. Oft ist der Einbau eines Aufzuges mit einem nicht zu vertretenen Mehraufwand verbunden oder ist technisch nicht möglich. Der Anbau eines Aufzuges an eine denkmalgeschützte Fassade wird u. U. nicht von der zuständigen Behörde genehmigt werden. Auch bei großzügigen Treppenanlagen im Kirchenraum und am Kirchengebäude können evtl. aus Denkmalschutzgründen keine barrierefreien Zugänge geschaffen werden. Man sollte aber im Rahmen der finanziellen und technischen Möglichkeiten versuchen, den Eingangsbereich sowie den Zugang zu den Andachts- und Gemeinderäumen barrierefrei zu gestalten. Bauherren wird empfohlen, für die barrierefreie Gestaltung Experten zu konsultieren.

Nachfolgend werden Gestaltungshinweise in Anlehnung an die DIN 18040 gegeben.

Parkplätze, Haupteingänge und Nebeneingänge, Rampen

Parkplätze für Kirchgänger mit Behinderungen, insbesondere für Gehbehinderte und Rollstuhlbenutzer, sind in der Nähe des Eingangs einer Kirche oder eines Gemeindehauses anzuordnen. Oft hängt davon ab, ob eine Teilnahme am Gottesdienst überhaupt möglich ist. Die Parkflächen betragen für PKW 350 x 500cm und für einen Kleinbus für Behinderte 350 x 750cm. Es sind auch Parkplätze für Behindertenfahrzeuge mit ausreichender Bewegungsfläche für den Heckeinstieg vorzusehen.

Die Wege zum Eingang der Kirche müssen für ALLE sicher passierbar sein.

Die größte Bewegungsfläche benötigen Personen mit Rollstuhl. Gehwege müssen deshalb 150cm breit für die Nutzung mit dem Rollstuhl oder mit Gehhilfen sein. Nach 15m Länge ist für die Begegnung von Personen mit dem Rollstuhl eine Fläche von 180 x 180cm vorzusehen. Gehwege und Erschließungsflächen müssen eine feste und ebene Oberfläche haben. Gehwege dürfen keine größere Querneigung als 2,5% und keine Längsneigung von mehr als 3% haben. Bei einer Länge der Wege bis zu 10m ist auch eine Längsneigung von 4% möglich.

Auch sehbehinderte Menschen, also sehr oft ältere Menschen, müssen sicher den Weg zur Kirche finden.

Deshalb ist für Menschen mit Sehbehinderungen oder mit kognitiven Einschränkungen der Eingangsbereich kontrastreich zu gestalten, sowie ausreichend zu beleuchten. Für blinde Menschen ist die taktile Erfassbarkeit der Gehwege, des Eingangs mittels Bodenindikatoren und baulichen Elementen, oder mittels akustischer Informationen zu sichern. Zugänge sind barrierefrei, wenn sie stufenlos und schwellenlos erreichbar sind, vor Eingangstüren eine ausreichende Bewegungsfläche und keine größere Querneigung als 2,5% und Längsneigung als 3% haben. Bei stärkerer Neigung der Erschließungsflächen sind Rampen oder Aufzüge anzuordnen.

Rampen müssen verkehrssicher sein. Deshalb sind beidseitige Handläufe und Radabweiser erforderlich. Die maximale Neigung darf 6% nicht übersteigen, damit auch Rollstuhlbenutzer ohne fremde Hilfe in die Kirche gelangen können. Eine Querneigung ist nicht zulässig. Die Entwässerung der Rampen, die im Freien angeordnet sind, ist zu gewährleisten. Die nutzbare Breite der Rampe muss mindestens 120cm betragen. Eine Rampenlänge darf höchstens 6m betragen. Danach oder nach einem Richtungswechsel ist ein Podest von 150 x 150cm vorzusehen. Diese Bewegungsfläche ist auch zu Beginn und am Ende der Rampe erforderlich.

Rampen überwinden keine nennenswerten Höhenunterschiede. Mit zwei Längen (einschließlich der Bewegungsflächen erreicht man eine Gesamtlänge von 16,50m) sind maximal 72cm Höhenunterschied zu überwinden.

Ist kein Platz für Rampen in der Freifläche vorhanden, kann alternativ eine Hebebühne oder ein Treppenplattformlift gewählt werden. Die Maße entsprechen den Anforderungen der Aufzüge.

Gänge, Flure, Verkehrsflächen, Türen

ein freier Gehweg in einem verschneiten SaunagartenBodenleitsystem aus Stahlrippen und Noppen am oberen Ende einer Treppe

Alle Verkehrsflächen innerhalb der Gotteshäuser erfordern auch eine nutzbare Breite von 150cm, Durchgänge von 90cm. Nach höchstens 15m ist eine Begegnungsfläche für Rollstuhlbenutzer von 180 x 180cm vorzusehen. Großflächig verglaste Wände an Verkehrsflächen müssen eine Sicherheitsmarkierung haben, damit Sehbehinderte nicht zu Schaden kommen.

Türen müssen deutlich erkennbar, leicht zu öffnen und zu schließen, sowie sicher zu passieren sein. Deshalb sollten Gebäudeeingangstüren vorrangig automatisch zu öffnen und zu schließen sein. Karusselltüren und Pendeltüren sind keine barrierefreien Zugänge und als einziger Zugang unzulässig. Untere Türanschläge und Türschwellen sind wegen Stolperfallen zu vermeiden, da Rollstuhlbenutzer erst mit fremder Hilfe durch diese Türen kommen. Drückergarnituren sollen in 85cm Höhe angeordnet werden und greifsicher für sehbehinderte und motorisch eingeschränkte Menschen sein. Drehgriffe und eingelassene Griffe sind ungeeignet. Für ausreichende Bewegungsfläche vor und hinter den Türen ist zu sorgen.

Treppe, Aufzug

Treppen sind für Menschen mit leichten Gehbehinderungen sowie mit Sehbehinderungen und Hörbehinderungen barrierefrei nutzbar, wenn sie gerade Läufe, Setzstufen und beidseitig durchgehende Handläufe haben. Eine gute Erkennbarkeit der Treppenelemente ist erforderlich. Bewährt haben sich hierbei eingelassene Stufenvorderkantenmarkierungen. Aufgesetzte (geklebte) Markierungen eignen sich schlecht beim Einsatz von Treppensteigern. Für blinde Menschen sind vor Beginn und Ende einer Treppe Aufmerksamkeitsfelder wichtig, die taktil erfassbar sind.

Aufzüge sichern eine vertikale barrierefreie Verbindung. Vor Aufzügen ist eine Wartefläche von 150 x 150cm vorzusehen. Sie darf sich mit Verkehrswegen und anderen Bewegungsflächen überlagern, wenn Sie das Vorübergehen am wartenden Rollstuhl ermöglicht, z.B. durch Verbreiterung um 90cm. Gegenüber von abwärtsführenden Treppen ist ein 300cm Abstand erforderlich.

Die Mindestfahrkorbfläche beträgt 140 x 110cm. Vorzugsweise ist ein waagerechtes Bedienungstableau in 85cm Höhe anzuordnen, das auch für sehbehinderte und blinde Kirchgänger nutzbar ist. Ein Rückspiegel gegenüber der Aufzugstür und ein durchgehender Handlauf an den Aufzugswänden sowie eine akustische Ansage erlauben den Kirchgängern mit motorischen und sensorischen Einschränkungen die sichere Benutzung des Aufzuges. Es gilt das 2-Sinne-Prinzip, die gleichzeitige Vermittlung von Informationen für mindestens 2 Sinne.

Alternativ und kostengünstiger sind Hebebühnen oder Treppenplattformlifte.

Orientierung, Ausstattung, Kommunikation

Orientierungshinweise müssen für ALLE leicht erfassbar sein, auch für Sehbehinderte und Hörbehinderte. Informationen können visuell, auditiv und taktil gestaltet werden. Es gilt, wie bereits erwähnt, das 2-Sinne-Prinzip. Es wird empfohlen, die Verkehrsflächen in der Außenanlage und im Innern der Kirche mit einem einheitlichen Informationssystem und Leitsystem auszustatten. Dabei ist aber zu beachten, dass Ausstattungselemente im Eingangsbereich nicht die nutzbare Breite der Verkehrsflächen einengen. Sie müssen für Blinde mit dem Langstock als Hindernis ertastbar sein.

Türöffneranlagen und Klingelanlagen, Gegensprechanlagen und Notrufanlagen sind entsprechend zu berücksichtigen.

Brandschutz

In Brandschutzkonzepten sind die Belange von Menschen mit motorischen und sensorischen Einschränkungen in Abstimmung mit der örtlichen Feuerwehr zu berücksichtigen. Optische Rettungszeichen können mit zusätzlichen Sprachdurchsagen ergänzt werden.

Bestuhlung

Die Zugänglichkeit und der Aufenthalt im Kirchenschiff sowie in den Gemeinderäumen und im Andachtsraum ist für ALLE zu sichern. Es sind ausreichende Bewegungsflächen mit Wendemöglichkeit für Rollstuhlbenutzer vorzusehen. Die dafür erforderliche Fläche beträgt 150 x 150cm. Für Rollstuhlbenutzer sollten im Kirchenschiff mit Reihenbestuhlung auch Flächen für eben diese und ihre Begleitung vorgesehen sein. Diese "Sitzflächen" dürfen aber den anderen Kirchgängern nicht die Sicht nehmen. Die Begleitperson sollte direkt neben dem Rollstuhlbenutzer einen Sitzplatz bekommen.

Standflächen mit rückwärtiger bzw. frontaler Anfahrbarkeit müssen mind. 130cm tief und 90cm breit sein. Die Bewegungsflächen zur Standfläche müssen mind. 150cm breit sein. Standflächen mit seitlicher Anfahrbarkeit müssen mind. 150cm tief und 90cm breit sein. Die seitliche Verkehrsfläche muss mind. 90cm breit sein.

In den Gemeinderäumen sollten auch unterfahrbare Tische mit einer Maximalhöhe von 85cm vorhanden sein. Für sehbehinderte und ausländische Kirchgänger sind gut lesbare, evtl. mehrsprachige Gesangbücher anzubieten. Die Anforderungen der Kleinwüchsigen und Kinder, aber auch der gehbehinderten und großwüchsigen Kirchgänger sollten bei der Bestuhlung des Andachtsraumes ebenso beachtet werden. So beanspruchen Kleinwüchsige eine größere Sitzhöhe. Großwüchsige benötigen eine größere Beinfreiheit. Ausstattungselemente im Andachtsraum sind so zu gestalten, dass blinde oder sehbehinderte Personen die Ausstattungselemente rechtzeitig als Hindernis wahrnehmen können.

Informationshilfen und Kommunikationshilfen

Für Menschen mit sensorischen Einschränkungen müssen Hilfen für eine barrierefreie Informationsaufnahme zur Verfügung stehen, wie z.B.

  • visuelle Beeinträchtigungen: Schriftgrößen, Leuchtdichte und Kontraste,
  • taktile Beeinträchtigungen: Material, Oberfläche, tastbare Schrift und Zeichen,
  • auditive Beeinträchtigungen: Schallpegel, Störgeräuschabstand, automatische Pegelanpassung, Sprachausgabe, Hörunterstützungsanlagen.

Schwerhörigkeit ist nicht vom Alter abhängig. In großen Räumen kann das gesprochene Wort trotz Hörgerät nicht mehr verständlich aufgenommen werden. Störgeräusche können nur teilweise von modernen Hörhilfen ausgeblendet werden. Taube Menschen können nur optisch kommunizieren.

Unabhängig von technischen Lösungen sollte undeutliches, schnelles oder leises Sprechen vermieden werden.

Nach § 6 (3) BGG7 haben hörbehinderte Menschen das Recht die Deutsche Gebärdensprache zu verwenden bzw. andere geeignete Kommunikationshilfen. Anforderungen an verschiedene Beschallungssysteme (induktive, über Funk oder infrarote) regelt die DIN 18041.

Sanitäranlage

Pro Sanitäranlage muss mindestens eine Toilette behindertengerecht ausgestattet werden. Türen müssen nach außen aufschlagen und von außen entriegelt werden können.

Vor allen Sanitärobjekten muss eine Bewegungsfläche von 150 x 150cm vorgesehen werden. Die Bewegungsflächen dürfen sich überlagern. Das WC-Becken muss beidseitig anfahrbar sein, dafür werden Bewegungsflächen rechts und links neben dem WC von 90cm Breite erforderlich. Die Tiefe des WC-Beckens muss mind. 70cm betragen. Detaillierte Planungsanforderungen an die Ausstattung von Behinderten-Toilettenanlagen enthält die DIN 18040, Teil 1.

Checkliste zur barrierefreien Begehung Ihrer Kirche

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Checkliste Kirchen, Gemeindehäuser und Andachtsräume - Anforderungen an die Barrierefreiheit (ca. 121 kB)

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Autorinfo

Alles barrierefrei bauen

Frau Dipl.-Ing. Helga Baasch

16761 Hennigsdorf OT Stolpe-Süd

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Die Kirche ist eine der größten Denkmaleigentümer. Durch die denkmalgerechte Pflege der historischen Gebäude und ihrer Ausstattung trägt die Kirche dazu bei, das historische und religiöse Erbe zu wahren und es an künftige Generationen weiterzugeben.

Der Tag des offenen Denkmals findet jedes Jahr am zweiten Sonntag im September statt.

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