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Verkehrssicherheit von Treppen in öffentlich zugänglichen Gebäuden versus Denkmalschutz

Sicherheit geht vor Denkmalschutz - alte Treppen können gefährlich sein

Handlauf am Treppenaufgang zum Kirchenaltarbeleuchteter beidseitiger Handlauf

Anlass des Gutachtens ist, dass die Zivilgerichte (siehe Landgericht München I) hohe Anforderungen an die Verkehrssicherheit von Treppen in öffentlich zugänglichen Gebäuden stellen, während die Baubehörden - gerade wenn auch noch der Denkmalschutz mit hereinspielt - nur äußerst zögerlich bei der Umsetzung von geltenden Baurechtsrechtsvorschriften hantieren.

Die Alterung unserer Gesellschaft und die wachsende Gruppe der Menschen mit Behinderung machen die Umsetzung der schon bestehenden Gesetze dringlich. Während die unteren Bauaufsichtsbehörden allenfalls schrittweise an die Umsetzung gehen, wähnen sich die Eigentümer (noch) auf der sicheren Seite, solange keine bauaufsichtsbehördlichen Forderungen oder gar Bescheide gegen sie ergangen sind. Ganz anders die Zivilgerichte, die im Schadensfall verurteilen, wenn Mängel der Verkehrssicherheit der Treppe kausal für den Schadenseintritt waren; auch dann, wenn die zuständige Baubehörde bisher untätig geblieben sein sollte!

Das Gutachten soll vor allem die Eigentümer öffentlich zugänglicher Gebäude zur kritischen Überprüfungen des Sicherheitsstandards und zu Nachrüstungen bei nicht verkehrssicheren bzw. nicht baurechtskonformen Treppenanlagen animieren. Das Gutachten dürfte für Sie von Interesse sein, auch wenn in Ihrem Fall der Denkmalschutz keine Rolle spielen sollte.

Das Landgericht München I verurteilte 2005 einen Münchener Hotelier zur Zahlung von 1.000 EUR Schmerzensgeld an einen älteren Besucher, welcher auf einer verhältnismäßig steilen Hoteltreppe gestürzt und dabei zu Schaden gekommen war. Die Treppe befand sich mangels beidseitigem Handlauf nicht in verkehrssicherem Zustand, urteilte das Gericht.
(Urteil vom 24. März 2005, Az.: 6 O 14405/04)

Das Gericht stellte zunächst fest: Die Hoteltreppe ist verhältnismäßig steil, die Stufen weisen eine unebene Trittfläche auf. Ein Handlauf war nur auf der, abwärts gesehen, linken Seite vorhanden. Dann befand das Gericht, dass insbesondere für Rechtshändler, die diese Treppe hinabsteigen, ein zusätzlicher Handlauf ein erhebliches Mehr an Schutz bedeuten würde. Die Treppe sei deshalb nicht verkehrssicher!

Dem Hotelgast wurde ein Schmerzensgeld von 1.000 EUR zugesprochen. Das war exakt die Hälfte des von ihm geforderten Schmerzengeldes, denn der Gast hätte eine vorhandene zweite, weniger steile Treppe zu den Gasträumen benutzen können, sagte das Gericht.


Auch der Denkmalschutz stand dem Unternehmer nicht zur Seite: Denn sofern Belange des Denkmalschutzes einer verkehrssicheren Ausgestaltung der Treppe entgegengestanden haben sollten, so das Gericht, hätte die Treppe nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden dürfen.

Somit hat des Landgericht München I ein wesentliches Urteil zur Verkehrssicherheit von Treppen gefällt und es hat dabei der individuellen Sicherheit der Person einen höheren Stellenwert eingeräumt als dem Denkmalschutz.

Dies ist auch deshalb beachtlich, weil viele Eigentümer von Denkmälern (meist sind dies Staat, Kirchen und Kommunen) aber auch die lokalen Bauaufsichtsbehörden Treppen in Baudenkmälern als "unantastbar" und unveränderbar erachten und die Besucher damit Gefährdungen aussetzen. Auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung können nun die Eigentümer von Denkmälern im Schadensfall bei Pflichtverstößen erfolgreich auf Schmerzensgeld verklagt werden.

Gebäudeeigentümer und Mieter können sich auch nicht etwa darauf berufen, die Vorschriften nicht gekannt zu haben. So hat das Landgericht Lüneburg (Urteil vom 5. Februar 2001, Az.: 9 U 134/01) eine Hauseigentümerin zu Schadensersatz aus vernachlässigter Verkehrssicherungspflicht verurteilt, weil sie die (allgemeine Treppen-) DIN 18 065 nicht beachtet hatte und weil der verkehrswidrige Zustand der Treppe ursächlich für den Sturz einer Person war. Die Sorgfaltspflicht, so das Landgericht Lüneburg, sei ohne Rücksicht auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Betroffenen (hier der Hauseigentümerin), allein nach objektiven Maßstäben zu bestimmen.

Das Gericht in Lüneburg ließ auch nicht gelten, dass Planung und Errichtung der Treppenanlage von sachkundiger Seite (Architekt und Bauhandwerker) ausgeführt und dass das Vorhaben baurechtlich genehmigt worden war. Zwar werde ein Bauherr von seiner Verantwortung für die verkehrssichere Erstellung eines Bauwerks weitgehend dadurch befreit, dass er einen sachkundigen Architekt eingeschaltet hatte. Dies gelte jedoch insoweit nicht, als er bei einer für ihn selbst jedenfalls erkennbaren Gefahrenlage keine Abhilfe schaffe, so das Gericht.

Eigentümer und Mieter, die in Verwaltungs- und Bürogebäuden, Kranken- und Ärztehäusern, Kirchen, Schlössern und Museen und in anderen öffentlich zugänglichen Gebäuden Publikumsverkehr zulassen, sollten auch die Altersentwicklung der Gesellschaft und somit die Altersstruktur ihrer Besucher beachten. In Bayern leben heute schon rund 2 Millionen Menschen, die 60 Jahre und älter sind. Jeder zwölfte in Bayern ist zudem ein Mensch mit Schwerbehinderung, das sind rund 1 Million Menschen, davon sind nur 360.000 unter 60 Jahre. Treppenanlagen stellen für viele Menschen Barrieren dar. Jährlich verletzen sich in Deutschland rund 15% der über 60- jährigen bei einem Sturz.

Ein abschließendes Urteil über den verkehrssicheren Zustand einer Treppe wird man in jedem Einzelfall aufgrund einer Ortseinsicht zu prüfen haben. Es vermitteln die Baugesetze und DIN-Vorschriften die Maßstäbe, die dabei zu beachten sind.

So gewinnen die regelmäßige Überprüfung von Treppen auf offene und verdeckte Bauschäden sowie auf Abnutzungen und insbesondere auch die nachträgliche Ausstattung alter Treppen mit Handläufen an beiden Seiten an Bedeutung, wenn sich Treppen im Lauf der Jahre beispielsweise seitlich geneigt haben, wenn sie jetzt unterschiedliche Tritthöhen aufweisen oder gar geneigte, abgeschliffene und rutschige Auftrittsflächen haben. Feuchtigkeit und Rutschgefahr erhöhen ein vorhandenes Risikopotenzial.

Zusammenfassung

der anzuwendenden Rechtsgrundlagen und der Kommentarliteratur zur Bayerischen Bauordnung sowie der Rechtsprechung der Zivilgerichte zu den Verkehrssicherungspflichten

  • Bei öffentlich zugänglichen, denkmalgeschützten Gebäuden wie Burgen, Schlössern, Museen, Klosteranlagen und Kirchen - in Privatbesitz wie im öffentlichen Eigentum - müssen Besuchertreppen an beiden Seiten mit Handläufen ausgestattet sein bzw. nachgerüstet werden.
  • Bei mangelhafter Verkehrssicherheit sind die Treppen für den Publikumsverkehr zu sperren.
  • Bei vorhandenen Aufzügen kann - rein aus baurechtlicher Sicht - eine Nachrüstung der Treppe mit Handläufen an beiden Seiten im Einzelfall verzichtbar sein; dies gilt jedoch nicht für Besuchertreppen abseits von Aufzügen und für alle Besuchertreppen, die für Rundgänge und Führungen zur Verfügung stehen müssen.
  • Die Anforderungen an die Verkehrsicherungspflichten können im Einzelfall über die vom Baurrecht gestellten Anforderungen hinausgehen!
  • Die Ausstattung von Besuchertreppen mit Handläufen an beiden Seiten ist umso notwendiger, je mehr Besucher die Anlage aufweist. Bei touristischen Objekten sind Handläufe auf beiden Treppenseiten die Regel und zu fordern.
  • Das Denkmalschutzgesetz steht der barrierefreien Nachrüstung von Treppen nicht entgegen, sondern fordert vielmehr ausdrücklich die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung und sonstigen Mobilitätseinschränkungen.

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Autorinfo

Deutsches Institut für Treppensicherheit e.V.

Herr Dipl.-Ing.(FH) Siegfried Schmid

www.treppensicherheit.de

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