Rollstuhl - Rollstuhlnutzer
Tipps und Hinweise, was bei der Einrichtung rollgestuhlgerechter Wohnungen in betreuten Wohngemeinschaften beachtet werden muss.
Rollstuhl - Rollstuhlnutzer
Bedürfnisse von Bewohnern in betreuten Wohngemeinschaften
Durch die angepasste und barrierefreie Gestaltung des Hauses und speziell der einzelnen Wohnungen wird die Selbstständigkeit und Vitalität der Bewohner erhalten und gefördert.
Entsprechend sollte bei der Gestaltung der Wohnungen, speziell Senioren, stets auf die besonderen Bedürfnisse, Lebenssituationen und Gesundheitszustände der Bewohner eingegangen werden. Eine bedarfsgerechte Ausstattung erleichtert ihnen den Alltag und trägt zum Erhalt der Selbständigkeit bei. Auf diese Weise können auch stark mobilitätseingeschränkte Bewohner weiterhin eigenständig leben und sich unabhängig von fremder Hilfe versorgen.
Selbstständig den Alltag im Rollstuhl bewältigen
Es kommt vor, dass die körperlichen Kräfte im Alter so stark nachlassen, dass sich die Personen nicht mehr aus eigener Kraft oder nur noch unter sehr großer Anstrengung fortbewegen können. In diesem Fall sind sie auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen.
Die meisten Tätigkeiten werden fortan aus einer sitzenden Position durchgeführt, obwohl das Stehen auf den eigenen Beinen weiterhin zumindest kurzzeitig möglich ist. Stehrollstühle stellen eine Möglichkart dar, um die Übergänge von Stehen und Sitzen zu erleichtern. So können viele nach wie vor ohne fremde Hilfe oder nur mit geringer Unterstützung einer Begleitperson vom Rollstuhl auf einen normalen Stuhl oder in einen Sessel übersetzen. Bei der Gestaltung der Wohnungen wird jedoch - auch in weiser Voraussicht - davon ausgegangen, dass die Person fast alle Tätigkeiten vom Rollstuhl aus erledigt.
Die Verwendung eines Rollstuhls verändert gewohnte Tagesabläufe nachhaltig: der Umgang mit dem Rollstuhl muss richtig erlernt werden, die verbleibende Kraft sinnvoll genutzt werden. Dabei ist das Nachlassen der Muskelkraft häufig nicht der einzige Grund, warum ein Rollstuhl benötigt wird. Alterserscheinungen wie Sehschwächen, Gleichgewichtsstörungen, Gelenksteife und andere Krankheiten können dieses Hilfsmittels ebenfalls unabdingbar machen.
Den Alltag (fast) ohne fremde Hilfe zu meistern und sich selbst zu versorgen, ist dennoch in der Regel kein Problem und für viele ein wichtiges Anliegen. Im Falle der Hausgemeinschaft können sich die Bewohner gegenseitig unterstützen und kleinere Arbeiten z.B. im Haushalt füreinander übernehmen.
Durch den gezielten Einsatz von Hilfsmitteln und eine intelligente Ausstattung der Wohnung kann, je nach gesundheitlicher Verfassung, fremde Hilfe umgangen werden. Zudem bietet ein Rollstuhl den Vorteil, dass Gegenstände problemlos durch die Wohnung gefahren werden können und man sich außer Haus mit geringem Kraftaufwand bewegen kann, sofern die Umgebung barrierefrei gestaltet wurde.
Notwendige Veränderungen innerhalb der Wohnung
Die Benutzung eines Rollstuhls hat auf die Gestaltung der Wohnung großen Einfluss. Das Ausmaß der Änderungen hängt, wie eingangs beschrieben, von den individuellen Bedürfnissen, den verbliebenen Kräften und Bewegungsmöglichkeiten der betroffenen Bewohner ab.
So erfordert die Verwendung eines Rollstuhls innerhalb einer Wohnung wesentlich größere Bewegungsflächen. Laut DIN muss diese 150cm vor und zwischen Einrichtungsgegenständen betragen. Ebenso schreibt sie Mindestabstände innerhalb der Wohnung vor, die zum Vorteil des Rollstuhlfahrers eingehalten werden sollten.
Vor baulichen Veränderungen ist es zunächst jedoch ratsam, unnötiges Mobiliar aus der Wohnung zu entfernen und zu überprüfen, welches Mobiliar wirklich sinnvoll ist. Für einen Bewohner, der sich nur schwer aus dem Rollstuhl erheben und auf ein Sofa umsetzen kann, ist das Vorhandensein desselben nicht wichtig. Stattdessen könnte es durch einen Sessel ersetzt werden, dessen Sitzhöhe ca. 48cm beträgt und der über stabile, geradlinige Armlehnen verfügt. Beides zusammen erleichtert dem Bewohner das Aufstehen und Übersetzen zwischen Sessel und Rollstuhl. Der Kraftaufwand wird dadurch deutlich reduziert und lädt somit zur Benutzung ein. Vom Sessel aus sollte der Blick sowohl aus dem Fenster als auch zum Fernsehgerät hin frei sein. Lässt die Muskelkraft das Umsetzen aus eigener Kraft nicht zu, sollte die Möglichkeit bestehen, sich mit dem Rollstuhl neben dem Sessel zu platzieren. Der Helfer kann den Bewohner so besser umsetzen.
Selbstverständlich möchten die Bewohner auch eigene Gäste empfangen und bewirten können. Dies setzt zum einen voraus, dass genügend "normale" Sitzmöglichkeiten für Besucher in einem ansprechenden Ambiente vorhanden sind und zum anderen, dass der Gastgeber sie auch selbständig versorgen kann. Daher finden die größten Veränderungen innerhalb der Wohnung in der Küche und natürlich auch in den Sanitärräumen statt.
Veränderungen in der Küche
Die Küchenzeile sollte zwischen Spüle und Kochfeld mit dem Rollstuhl unterfahrbar sein. Dies wird häufig durch Entfernen von Unterschränken erreicht. Dabei muss jedoch die Arbeitsplatte der neuen Arbeitshöhe entsprechend angepasst werden. Der verlorene Stauraum kann beispielsweise durch Rollcontainer aufgefangen werden. Je nach Tätigkeit können sie als zusätzliche Ablagefläche hervorgezogen oder auch beiseite geschoben werden. Ausziehbare Arbeitsflächen unter einem erhöhten Backofen und zusätzliche Sitzarbeitsplätze sollten installiert werden. An der technischen Ausstattung der Küchenzeile muss in der Regel nichts verändert werden. Zeitschaltuhren, Induktionskochfelder und Backautomatiken sind allerdings insofern sinnvoll, dass sie den Alltag vereinfachen und die Unfallgefahr verringern. Es hat sich zudem als äußerst praktisch erwiesen, Elektrogeräte erhöht einzusetzen, da diese leichter bedient werden können. Oberschränke müssen möglicherweise nach unten versetzt werden, sofern deren Inhalt nicht anderweitig untergebracht oder sie mit einem flexiblen Innensystem ausgestattet werden können. Eine Reling entlang der Arbeitsplatte dient sowohl als Handtuchhalterung als auch als Haltestange. An ihr kann sich der Rollstuhlfahrer in die gewünschte Position drücken, ziehen oder schieben.
Barrierefreiheit im Bad
Barrierefreiheit im Badezimmer ist ein besonders wichtiges Thema. Da die tägliche Körperreinigung und Hygiene sehr intime Angelegenheiten sind, legen die Bewohner viel Wert darauf, dass sie die tägliche Körperreinigung und Hygiene möglichst lange selbständig durchzuführen können. Demzufolge sind im Sanitärraum vor allem für Rollstuhlbenutzer umfangreiche Veränderungen vorzunehmen. Die Dusche ist mit einem Klappsitz und diversen Haltegriffen auszustatten. Bei der Toilette muss genügend Freiraum geschaffen werden, um sich bei Bedarf seitlich schräg umsetzen zu können. Ein unterfahrbarer Waschtisch ist praktisch, um z.B. das Zähneputzen und Händewaschen zu erleichtern. Zudem ist es immer hilfreich ausreichend Platz zu schaffen, um sich bei Bedarf von einer anderen Person helfen zu lassen. Badutensilien sollten stets im Greifraum des Rollstuhlfahrers untergebracht sein.
Rollstuhlgerechte Schlafzimmer
Im Schlafzimmer der Bewohner müssen nicht allzu viele Anpassungen durchgeführt werden. Hier kommt es auf die richtige Sitzhöhe des Bettes an. Entspricht sie der des Rollstuhls, erfolgt das Übersetzen mit geringem Kraftaufwand. Der Austausch der Matratze durch ein Wasserbett sorgt für Entlastung der Wirbelsäule und der durchs dauerhafte Sitzen belasteten Körperstellen.
Schwellenlosigkeit und Barrierefreiheit sollten heute in jedem Neubaus und größerer Umbaumaßnahme selbstverständlich sein. Türen können infolgedessen von allen problemlos passiert werden. Griffstangen an den Türblättern erweisen sich beim Schließen der Türen als hilfreich und können darüber hinaus als Handtuchhalter oder Kleiderstange verwendet werden.
Je größer die körperlichen Beeinträchtigungen sind, desto mehr Zeit verbringen die Bewohner innerhalb der Wohnung. Deshalb gewinnt die Möglichkeit, den Ausblick ins Freie im Sitzen genießen zu können, für einen alten Menschen im Rollstuhl sehr an Wert.
Fazit
Alle Umbaumaßnahmen hängen von den individuellen Bedürfnissen ab und können von Mensch zu Mensch sehr verschieden sein. Aber die Ziele sind immer identisch: Den Alltag der angesprochenen Personen zu erleichtern und ihre Selbstständigkeit langfristig zu erhalten.
Konkrete und notwendige Veränderungen innerhalb einer Wohnung lassen sich am besten durch die intensive Beobachtung von Arbeits- und Bewegungsabläufen oder Experimente an sich selbst erkennen.