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Brandschutz und Barrierefreiheit - Der Aufzug als barrierefreier Rettungsweg

Warnschild Aufzug im Brandfall nicht benutzen

Wir waren bis zum 11.09.2001 (Tag des Terrors, New York) darauf konditioniert im Brand- oder Katastrophenfall den Aufzug im Inneren eines Gebäudes als Rettungsweg auszublenden, und wer sich selbstständig auf seinen Beinen fortbewegen konnte, die notwendigen Treppenhäuser zur Selbstrettung zu nutzen.

Unsere Brandschutzvorschriften sind nicht in Stein gemeißelt, sondern entwickeln sich über die Jahrhunderte hinweg im kulturellen und kreativen Schaffensprozess der Menschen und ihren Erfahrungen durch Kriege, Brand- und Naturkatastrophen z.B. "Stadtverderben".
Abstandsflächen, Brandgassen, Baumaterial, Rettungsinfrastruktur und baulich, technische sowie organisatorische Verantwortlichkeiten bilden sich so heraus. Schon in den 1990 Jahren haben Architekten, Aufzugsbauer, Bauaufsichtsbehörden und Feuerwehren darüber nachgedacht, die Aufzüge auch im Brandfall und Katastrophenfall vor allem für Menschen mit Behinderung in Betrieb zu halten, doch erst die Sprengungen der zwei WTC-Türme in New York und den nach Angaben der NIST (National Institut of Standards and Technology) vermeidbaren Opfern - durch die schnelle Evakuierung über Aufzüge - veranlassten die internationale Gemeinschaft und EU, neue Normen und Standards zu erarbeiten.

EU-Kommission beauftragte Normung und Umsetzung

Eine von der EU-Kommission beauftragte Gruppe von Experten veröffentlichte im Oktober 2003 einen Report mit dem Titel: 2010: Ein hindernisfreies Europa für alle mit der Forderung:

"Es sollte eine europäische Norm zur "Barrierefreiheit für alle" für Entwurf, Gestaltung und Nutzung von Gebäuden entwickelt werden, einschließlich Bestimmungen über Brandschutz und Fluchtmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen." (S. 17)

"1999 wurden 18 % der Gesamtbevölkerung der EU als in ihrem täglichen Leben "schwer" oder "mäßig" beeinträchtigt gemeldet, von denen wiederum 7 % als "schwer behindert" eingestuft wurden." (S. 7)

Unter dem Titel CEN TC 10 WG6 "Evacuation of Disabled People" wurden so baulich-technische Grundlagen und Lösungen für die Normung von Aufzügen in Sonderbauten als barrierefreier Rettungsweg erarbeitet, welche in Kombination mit Brandmeldesystem und Brandfallsteuerung die Betriebszeiten des Aufzugs verlängern und mit Leitsystemen im "2-Sinne-Prinzip" die barrierefreie Evakuierung für "Alle" gewährleisten.

EN 81-76 Ausgabe 2015 VDI Richtlinie 6017

Zukünftig sollten in Wohnhäusern automatische Brandmeldeanlagen eingebaut werden, die bei Feuer die automatische Stilllegung des Aufzugs ermöglichen. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es die Möglichkeit Aufzüge als Rettungsmittel einzusetzen.

Sicherheitsaufzug Stufe B(Innen)

  1. Funktionserhalt des Aufzugs auch bei Feuer und Löschwasser > MLAR
  2. Aufzugsvorraum > 1,5 m x 1,5 m liegt im notwendigen Treppenhaus

Evakuierungsaufzug EN 81-76 Stufe C

  1. Fahrschacht sensorüberwacht, Funktionserhalt des Aufzugs auch bei Feuer und Löschwasser > MLAR
  2. Aufzugsvorraum = Evakuierungszone über alle Geschosse + rauchdichte Türen Feuerwehraufzug

Für Hochhäuser und Feuerwehraufzüge wurden zusätzliche Standards wie ASME (American Society of Mechanical Engineers) für die Brandbekämpfung und längere Betriebszeiten fixiert.

DIN EN 81-72:2013-05 [NEU]
Sicherheitsregeln für die Konstruktion und den Einbau von Aufzügen - Besondere Anwendungen für Personen- und Lastenaufzüge - Teil 72: Feuerwehraufzüge

Feuerwehraufzug EN 81-72 Stufe D (Innen)

  1. Druckfeste Aufzugskabine, Fahrschacht sensorüberwacht, Funktionserhalt des Aufzugs auch bei Feuer und Wasser, Wände widerstandfähig gegen Druck und Explosion
  2. Aufzugsvorraum: Türen T 120
  3. Feuerwehrschacht mit direkten Zugang zum Fluchttreppenhaus innerhalb eines eigenen Feuergeschützen Bereiches
  4. Trockene Steigleitung im Aufzugsvorraum Sicherheitsaufzug

Aufzug als barrierefreier Rettungsweg / "Stand der Technik"

Sicherheitsaufzug / Evakuierungsaufzug / Feuerwehraufzug

Der Aufzug als barrierefreier Rettungsweg und vertikale Erschließung auch im Innenbereich von Gebäuden, ist inzwischen "Stand der Technik" und löst die erkannten Konflikte zwischen Brandschutz und Barrierefreiheit nach MBO § 50 - insbesondere bei mehrgeschossigen Sonderbauten, wo die Selbstrettung ins Freie oder über Rampen nicht möglich ist.

Wie bekannt ist eine notwendige Treppe kein barrierefreier Rettungsweg und der Betreiber organisatorisch für die rechtzeitige Evakuierung der Menschen verantwortlich.

Der Entwurfsverfasser ist für das Brandschutzkonzept sowie für die bauliche-technische Planung und Umsetzung der barrierefreien Rettungswege und Evakuierung nach MBO § 2 (9)"barrierefrei" / MBO § 50 Barrierefreies Bauen / DIN 18040 und dem "Stand der Technik" im Aufzugsbau verantwortlich und haftbar.

Autorinfo

Architekturwerkstatt FREIRAUM

Herr Dipl.-Ing. Architekt Andreas Unser

Fachberater "AK Barrierefreies Bauen" der Stadt Schweinfurt

Zusatzinfo

Titelblatt Vortrag

Im Vortrag: "Brandschutz und Barrierefreiheit –Konflikte und Lösungen" wird die Thematik der barrierefreien Rettungswege für Neubau und Bestandsgebäude vertieft und die Anforderungen der DIN 18040 und Barrierefreiheit nach der Bauordnung aufgezeigt.

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