Blinde und sehbehinderte Menschen - Hilfen und Hürden im Alltag
Blinde und Sehbehinderte in Deutschland: Im Alltag gibt es noch zahlreiche Probleme
Rund 335 000 Sehbehinderte und Blinde leben in Deutschland. Trotz Normen und Richtlinien zur Barrierefreiheit gibt es immer noch Hürden, die das Leben dieser Menschen erschweren. Der Artikel gibt einen "Einblick einer erblindeten Leserin" in den Alltag und den zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmitteln.
334 600 sehbehinderte und blinde Menschen lebten 2021 laut Statistischem Bundesamt in Deutschland. Dabei definiert die Rechtslage das Vorliegen einer Sehbehinderung, sobald das besser sehende Auge selbst beim Tragen von Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 30 % von dem wahrnimmt, was ein normal sehendes Auge erkennt. Die hochgradige Sehbehinderung tritt bei nicht mehr als 5 % ein und wenn ein Mensch nicht mehr als 2 % davon erkennt, was ein normal Sehender wahrnehmen kann, spricht man von Blindheit.
Sehbehinderte und Blinde müssen lernen, sich in einer Welt zurecht zu finden, die dieser Einschränkung häufig nicht gerecht wird.
Eine von ihnen ist Nicole Döhring, die bereits mit sechs Jahren das Augenlicht durch einen schweren Gehirntumor verlor und erblindete. Während der Ausbildung zur Bürstenmacherin und Pinselmacherin lernte sie ihren Mann Roland kennen, der damals in dem selben Betrieb arbeitete. Je nach Lichteinstrahlung sieht er heute zwischen 2 und 5 % und ist damit hochgradig sehbehindert.
Die DIN 18040, DIN 32975, DIN 32976 und DIN 32984 helfen im Leben von Sehbehinderten und Blinden
Technische Hilfsmittel für den Computer
In der eigenen Wohnung hat sich das Ehepaar mit diversen Hilfsmitteln weitestgehend auf die körperliche Einschränkung der Sehkraft eingerichtet: Nicole arbeitet an einem PC mit Sprachausgabe und einer Braillezeile, die Texte in Blindenschrift (DIN 32976) übersetzt. Sie kombiniert aber auch ein Diktiergerät, das gleichzeitig als MP3-Player genutzt werden kann, mit einem Farberkennungsgerät und erhält so beispielsweise über die Sprachausgabe Informationen über die Farben von Kleidungsstücken.
Technische Hilfe zum Rechnen, Kochen und Lesen
Auch ein sprechender Taschenrechner oder eine ebensolche Waage in der Küche und eine Messbecher mit fühlbaren Markierungslinien erleichtern den Alltag zu Hause. Roland nutzt dort außerdem ein spezielles Vorlesegerät und seine Lupe bei anspruchsvolleren Sehaufgaben.
Dafür gut geeignet ist die Lupenleuchte TEVISIO der Firma Waldmann. Sie ist besonders ergonomisch gestaltet, hat ein verzerrungsfreies, großes Sichtfeld und bietet eine optimale Farbwiedergabe. Die Lupe sorgt für eine fast doppelte Vergrößerung durch 3,5 Dioptrien, kann aber auch mit einer kleinen Aufkittlinse mit 8 Dioptrien oder einer Zusatzlupe mit 3,5 Dioptrien ergänzt werden. Trotz starker 6000 Lux ist die Lupenleuchte durch ihre LED-Technologie besonders energieeffizient. Die Lichtstärke kann außerdem gedimmt werden.
AAL-Systeme als Blindenhilfsmittel
Auch Ambient Assistance Living (AAL)-Systeme können inzwischen teilweise als Blindenhilfsmittel verwendet werden. Angenommen, irgendwo im Haushalt hat man vergessen, einen Wasserhahn richtig abzudrehen oder man hat die Herdplatte in der Küche angelassen. In diesen Fällen informiert einen die moderne Technologie für komfortables Wohnen über den Fehler, beziehungsweise das System reguliert diesen selbst, sollte man nicht mehr zu Hause sein.
Auch die Steuerung bestimmter Anwendungen mittels Spracherkennung ist bei einigen Systemen bereits möglich.
Orientierungshilfen im öffentlichen Raum
Wenn Nicole und Roland allerdings ihre Wohnung verlassen, werden die Orientierung und das Zurechtfinden oft deutlich schwieriger als in den eigenen vier Wänden.
Die DIN 32984 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum sorgt zwar für eine Standardisierung, damit sich blinde und sehbehinderte Menschen im öffentlichen Raum selbstständig bewegen können, doch noch immer passieren Planungsfehler. Auch wenn die jeweiligen Indikatoren gemäß DIN 32984 richtig verlegt wurden, stoßen Menschen, die einen Langstock zur Orientierung benötigen, immer wieder auf Hindernisse. Parkende Fahrzeuge, abgestellte Räder, hingeworfene E-Roller, Warenaufsteller blockieren den Weg und stellen auf dem vermeintlich sicheren Leitstreifen eine beträchtliche Unfallgefahr dar.
Draußen gibt es täglich Barrieren
Im Supermarkt ist Nicole zum Beispiel immer auf die Auskünfte der Angestellten angewiesen, da sie weder die Namen noch Zutaten oder gar Preise von Produkten lesen kann. Außerdem befindet sich auf einer für sie wichtigen Straße eine gefährliche Kreuzung, bei der selbst ihr Blindenhund Afra ihr nicht weiterhelfen kann.
Diese Kreuzung ist mit einer Ampelanlage ohne Blindensignal geregelt. Da der Hund nicht zwischen roter und grüner Fußgängerampel unterscheiden kann, benötigt Nicole auf diesem Weg immer zusätzlich eine sehende Begleitperson.
Das Ehepaar Döhring beklagt außerdem, dass es sich doch recht häufig Beschimpfungen ausgesetzt fühlt. "Im ganz normalen, alltäglichen Umgang fehlt es bei vielen mitunter an Verständnis und Akzeptanz für unsere Situation. Gerade bei Behördengängen werden wir oft regelrecht zu reinen Bittstellern degradiert.", berichtet Nicole.