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Die barrierefreie Einrichtung eines Cafés oder einer Konditorei ist heutzutage noch längst nicht selbstverständlich. Vor allem passende Gesamtkonzepte sind weitgehend Mangelware. In reinen Cafébetrieben herrscht häufig schon eine größere Sensibilität für das Thema, auch wenn hier noch viel Kundenpotenzial verschenkt wird.

FREIER Zugang

Theke in einer Konditorei

Das Stichwort heißt "Barrierefreiheit" und meint die Gestaltung von Räumlichkeiten, Wegen und Mobiliar, die es Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen erlaubt, sich möglichst selbständig zu orientieren und zu bewegen. Von den Änderungen, die Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen den Besuch erleichtern, profitieren auch die Kunden und Gäste insgesamt. "Wenn ich in einem Café die Toiletten betrete und feststelle, dass alles sehr geräumig und gut zugänglich eingerichtet ist, fühle ich mich gleich wohler", erklärt Axel Schubert, Diplom-Ingenieur aus Bielefeld, der sich auf die Planung und Ausführung lebensgerechter Einrichtungen spezialisiert hat.

Beratung ist wichtig

Was bedeutet Barrierefreiheit? Hier ist die Beratung von Experten wichtig. Eine gute Orientierung bieten die DIN-Norm (Anm. nullbarriere DIN 18040-1) für die Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden und Arbeitsstätten. Auf den ersten Blick scheinen die Empfehlungen der DIN-Normen recht unübersichtlich. Im Prinzip geht es darum, den Besuchern eine möglichst selbstständige, Orientierung, Zugänglichkeit und Nutzung zu ermöglichen. In Zusammenarbeit mit spezialisierten Architekten und Innenarchitekten finden interessierte Konditorei- und Cafébetreiber hier schnell und problemlos nützliche Leitlinien. Aber Achtung: Die Rechtsverbindlichkeit beider Normen ist von Bundesland zu Bundesland verschieden.

"Barrierefreiheit beginnt vor der Tür", sagt Axel Schubert. "Der Zugang zu den Räumlichkeiten sollte ohne besonderen Kraftaufwand begeh- bzw. befahrbar sein. Das heißt natürlich, dass keinerlei Stufen auf dem Weg liegen dürfen." Eine höher liegende Tür sollte also über eine Rampe erreichbar sein. Daran sollte sich eine Automatiktür mit Bewegungssensor anschließen, die schwellenfrei sein muss. Sowohl der Außenzugang als auch der Boden im Verkaufsraum oder Gästebereich müssen unbedingt rutschfest sein. Spezielle Fliesen und Bodenbeläge gibt es in großer Auswahl. Kompromisse im Hinblick auf die ästhetische Gestaltung des gewünschten Ambientes müssen nicht gemacht werden. Allerdings ist ein Blick auf Details vonnöten. "In den Boden eingelassene Fußmatten im Eingangsbereich können eine Stolperfalle sein. Sie sollten nicht zu tief und nicht zu weich sein, so dass man mit einer Gehhilfe oder einem Rollstuhl nicht an den Kanten hängen bleibt", erläutert Schubert.

Tipps für die Theke

Bei der Theke lässt sich ohne größeren Aufwand ein Ende zu einer niedrigeren Übergabetheke machen, da die gewöhnliche Höhe von 1,20 m für Rollstuhlfahrer oder auch Kleinwüchsige in der Regel ein Hindernis darstellt. Eine Übergabetheke mit einer Höhe von 85 cm, die breit genug ist, um sie mit dem Rollstuhl anzufahren, bringt Abhilfe. "Auch eine durchgängige Handtaschenablage stellt, je nach Tiefe, im Zweifelsfall schon ein Hindernis dar", erläutert Diplom-Ingenieurin Elke Rabl- Schmidt vom Planungsbüro "Doppelpunkt", die seit 2001 an der Fachhochschule Coburg einen Lehrauftrag besitzt. Generell gilt, dass der Eingangsbereich und der Raum vor der Theke genug Platz bieten sollten, mit einem Rollstuhl problemlos zu wenden. Als Richtschnur gilt ein Wendekreis von 1,50 mal 1,50 Meter. Eine einfache Maßnahme besteht in der Bereitstellung von Sitzgelegenheiten für gehbehinderte Kunden in der Nähe der Verkaufstheke. Ein Tisch mit zwei bis drei Stühlen steigert die Attraktivität für den Einkauf. Hier muss darauf geachtet werden, dass Stuhl und Tisch windgeschützt von der Tür abgesetzt sind.

Bewegungsfreiheit im Gastraum

Im Gastraum fallen als Erstes die Wege zu den Tischen und zur Garderobe sowie zu den sanitären Einrichtungen in den Blick. Eine farblich und mit passender Beleuchtung gestaltete, hellere Wegführung im Café, die sich vom dunkleren Sitzbereich abhebt, macht die räumliche Orientierung und die sichere Navigation für Gehbehinderte leicht. Die Arbeit mit verschiedenen Bodenbelägen bietet hier zusätzliche Hilfestellung. Auf dies Weise kann zum Beispiel die Benutzung des Blindenstocks vereinfacht werden.

Die in Cafés beliebten runden Tische sind häufig ungeeignet für die Benutzung durch Körperbehinderte. Während die gängige Höhe für Rollstuhlfahrer keinerlei Problem darstellt, lässt sich der Tisch oft nicht unterfahren, da die Tischplatte auf einer einzigen Säule ruht, die keinen Platz für den Rollstuhl lässt. "Hier empfehlen wir quadratische oder rechteckige Tische mit einer Mindestfläche von 1 qm", erläutert Axel Schubert. "So ist sichergestellt, dass man an einer Längsseite bequem mit dem Rollstuhl unter den Tisch fahren kann und auch noch Platz für die Fußrasten bleibt." Stühle mit Armlehnen und einer geraden, nicht nach hinten gerichteten Sitzfläche sind für ältere Menschen und Behinderte, die auf eine Gehhilfe angewiesen sind, wichtig. Die Stuhlform unterstützt so eine sichere Körperhaltung und erleichtert das eigenständige Aufstehen. Auch auf eine gute Polsterung der Stühle ist zu achten.

Bequem nutzbare Sanitärräume

Von herausragender Bedeutung sind generell die sanitären Einrichtungen. Dabei ist nicht einmal die Einrichtung eines eigenen Behinderten-WCs unbedingt nötig. Wichtiger ist die bauliche Anpassung vorhandener Wasch- und Toilettenräume an die speziellen Bedarfslagen der Zielgruppe, angefangen natürlich beim barrierefreien Zugang zu den Räumlichkeiten. Die Waschbecken sollten mit dem Rollstuhl unterfahrbar sein. Hier darf der Siphon die Unterfahrbarkeit nicht beeinträchtigen. Optimal sind höhenverstellbare Waschbecken, die elektrisch oder mit Gasdruck betrieben werden. Hier bieten verschiedene Anbieter wie etwa "Pressalit Care" oder "Geberit" Ausführungen in unterschiedlichen Preislagen an.

Das WC selbst muss von beiden Seiten mit dem Rollstuhl befahrbar sein. Herunterklappbare Haltegriffe, um Sicherheit und Stabilität auf dem WC zu gewährleisten sind ein Muss. Auch im Waschbecken und WC-Bereich sollte der Wendekreis für Rollstühle gewährleistet sein. Ein rutschfester Bodenbelag versteht sich im sanitären Bereich von selbst.

Übersichtliche Karte

Ein ausgewogenes Beleuchtungskonzept vorausgesetzt, bedarf es nur weniger Änderungen der Karte, um sie auch für Sehbehinderte einladend zu machen. Große Schriftarten, die sich deutlich vom Hintergrund absetzen in einem klar gegliederten Layout, sind ein unschätzbares Plus. "Übersichtlichkeit ist hier das Stichwort", erklärt Axel Schubert und führt aus: "Möglichst wenig Text, klar gestaltet, ergänzt um viele aussagekräftige Bilder über die angebotenen Produkte machen Lust auf mehr." Damit sind auch Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in der Lage, sich selbständig auf der Karte zu orientieren. Einen besonderen Service bieten Cafébetreiber mit einer für Blinde lesbaren Karte. Wenn die Umgestaltung der Hauptkarte einen zu hohen Aufwand darstellt, genügt es oft, in kleiner Stückzahl eine gesonderte Karte drucken zu lassen. Spezial- und Sonderangebote können von den Mitarbeitern erklärt werden.

Auch für das häufig übersehene Problem der Lärmbelästigung, die für Sehbehinderte eine große Hürde darstellen kann, lassen sich einfache Lösungen finden, weiß der Bielefelder Experte: "Schallschlutzelemente, vor allem im Deckenbereich über den modernen Kaffeevollautomaten, sind einfach zu installieren, fallen nicht störend auf und steigern das Wohlbefinden aller Besucher."

Die Atmosphäre im Café muss unter der Barrierefreiheit absolut nicht leiden. Der Bielefelder Spezialist berichtet davon, dass er sehr häufig positive Reaktionen seiner Kundschaft auf das Design seiner Entwürfe erhält. Das bekräftigt auch Elke Rabl-Schmidt. "Heutzutage muss es wirklich nicht mehr sein, dass eine Inneneinrichtung, die den Anforderungen von Menschen mit verschiedenen Handicaps entspricht, einer klinischen Atmosphäre gleichzusetzen ist." Die Regensburger Expertin betont: "Das Problem liegt darin, dass Begriffe wie ‚behindertengerecht‘ oder "barrierefrei" trotz allem diskriminierend verstanden werden können. Darum versuchen wir die positiven Qualitäten herauszustellen, von denen alle Gäste und Kunden profitieren."

Barrierefreiheit muss nicht teuer sein Auch der finanzielle Aufwand wird häufig völlig überschätzt. "Ein Gutteil der Einrichtung braucht häufig bloß Anpassungen und Ergänzungen, um einen Innenraum barrierefrei umzugestalten", so Axel Schubert. Es komme oft nur auf die richtige Beratung an. Spezialisierte Innenarchitekten seien mit den Anforderungen für eine barrierefreie Ausstattung bestens vertraut.

Frank Lamers/Peter Wiehl

Autorinfo

Fachmagazin Konditorei & Café

70176

Matthaes Verlag GmbH

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