Handbuch Barrierefreies Bauen
Leitfaden zur DIN 18040 Teil 1 bis 3 und weiteren Normen des barrierefreien Bauens mit Checklisten für mehr Sicherheit bei der Planung und Umsetzung von Bauprojekten.
Handbuch Barrierefreies Bauen.
von Dr. Dagmar Everding, Dr. Volker Sieger, Dipl.-Ing. Simone Meyer M. A.
Das "Handbuch barrierefreies Bauen" erläutert praxisnah und anschaulich die Grundlagen und Anforderungen an die Barrierefreiheit baulicher Anlagen nach DIN 18040 Teil 1 bis 3 sowie weiteren Normen und Regelwerken. Der Leitfaden berücksichtigt barrierefreie Wohnungen, öffentlich zugängliche Gebäude und Arbeitsstätten, Außen- und Verkehrsanlagen sowie die barrierefreie Gestaltung von Städten und Gemeinden.
Zahlreiche Fotos, Zeichnungen und realisierte Projekte zeigen gelungene Architekturlösungen und Stadträume im Detail und helfen so bei der Planung und Umsetzung eigener Vorhaben und kommunaler Planungen. Praktische Checklisten und Planungshilfen fassen die konkreten Vorgaben übersichtlich zusammen und stehen auch zum Download bereit.
Die Vorteile:
- verschafft einen schnellen Überblick über alle Anforderungen der DIN 18040 – für mehr Sicherheit bei der Planung und Umsetzung barrierefreier Bauprojekte
- praktische Checklisten fassen die konkreten Vorgaben der DIN 18040 und weiterer Normen übersichtlich zusammen
- mit zahlreichen Beispielprojekten inkl. Fotos, Zeichnungen und Ausführungsdetails
- DIN 18040 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen, Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude und Teil 2: Wohnungen sind komplett enthalten
Bezieher des Handbuchs erhalten ein Kennwort zur Nutzung folgender Checklisten im PDF-Format:
- Anforderungen an barrierefreie Wohnungen
- Anforderungen an öffentlich zugängliche Gebäude
- Anforderungen im öffentlichen Raum und an Verkehrs- und Grünanlagen
Leseprobe
3.6 Barrierefreiheit beim Bauen im Bestand
Die DIN-Normen für barrierefreies Bauen gelten für Neubauten und sinngemäß für Umbauten, Modernisierungen und Nutzungsänderungen. Bei öffentlichen Gebäuden und Arbeitstätten sind Umbauten heute an der Tagesordnung, weil sich die Nutzungsansprüche immer wieder ändern: Behörden wechseln ihre Amtssitze, sie vergrößern oder verkleinern ihren Mitarbeiterstamm, aus Kirchen werden Museen, Konzertsäle oder Gemeindehäuser, in ehemaligen Bahnhofsgebäuden entstehen Restaurants oder soziokulturelle Zentren. Immer, wenn solche Nutzungsänderungen, verbunden mit Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen, anstehen, ist auch das Ziel einer barrierefreien Nutzbarkeit in die Planungen zu integrieren.
Was es konkret bedeutet, die Anforderungen der DIN 18040-1 bei öffentlich zugänglichen Gebäuden sinngemäß anzuwenden, ist nicht einfach und auf keinen Fall pauschal zu beantworten. Nicht zuletzt auch weil die DIN-Norm bereits Mindestanforderungen formuliert, die nicht unterschritten werden sollen. Das Ermessen einer sinngemäßen Anwendung darf also nicht dazu führen, dass auf die Erfüllung von Anforderungen verzichtet wird. Einerseits können die Schutzziele der Norm mit anderen als in der Norm enthaltenen Maßnahmen umgesetzt werden, hierauf wird in der DIN-Norm an vielen Stellen hingewiesen, indem technische Lösungen nur beispielhaft genannt werden. Andererseits lassen sich geringfügige Abstriche an Mindest- und Maximalgrößen manchmal nicht vermeiden. Wenn solche Einzelfall-Entscheidungen anstehen, sollte möglichst gemeinsam mit der bzw. den örtlichen Behindertenbeauftragten die Grenze der möglichen Abweichung festgelegt werden. Einige Anhaltspunkte zum Spielraum solcher Abweichungen gibt auch das Merkblatt "Technische Mindestanforderungen für altersgerechtes Umbauen", 2009. Auch wenn sich die Anforderungen auf Wohngebäude beziehen, können die Abweichungen teilweise auf zu modernisierende öffentlich zugängliche Gebäude übertragen werden.
Eine Annäherung an die Thematik erfolgt am besten mit einer näheren Beschreibung der Eingangsbereiche und Zugänge. Diese müssen stufenlose Erreichbarkeit, barrierefreie Bedienbarkeit aller Elemente sowie Orientierung und Informationen für sehbehinderte und blinde Menschen sicherstellen. Gerade Gebäude mit öffentlicher Nutzung sind häufig mit repräsentativen Eingangsportalen ausgestattet, die zum Straßenraum hin bewusst erhöht angelegt und denen Treppenanlagen vorgelagert sind. Handelt es sich nur um wenige Treppenstufen und um eine breite Hauptfassade, lässt sich eine seitlich geführte Rampe anbauen. Durch Verwendung moderner Baumaterialien wie z. B. Edelstahl, können gestalterisch attraktive Lösungen entstehen. Bei höheren Vortreppen wurden bereits sehr interessante Lösungen durch eine Aufzugnutzung in seitlich gelegenen Nebeneingängen realisiert.
Planungstipp
Für die Installation eines Aufzuges wird die Umnutzung von Nebeneingängen, die sich nicht weit vom Hauptportal mit Vortreppe befinden, empfohlen. Vor publikumsintensiven Einrichtungen lassen sich auf diese Weise die Besucherströme vor dem Haupteingang teilen zwischen denjenigen, die über die Treppe zum Portal gehen und denjenigen, die den von außen zugänglichen Aufzug neben dem Portal nutzen.
Minderwertige Varianten stellen spezielle Zugänge für Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen dar, die räumlich nicht dem Haupteingang zugeordnet sind. Aus Sicherheitsgründen müssen solche Nebeneingänge häufig geschlossen sein und werden auf Anruf hin geöffnet. Der behinderte Besucher gelangt nur über einen internen Nebenweg zum zentralen Empfangsbereich des Gebäudes, in dem sich Infotheke, Kasse, Garderobe oder ähnliche Service- und Informationsangebote befinden. Für Zugänge zu publikumsintensiven Einrichtungen ebenfalls wenig geeignet, ist die Installation eines offenen Hubliftes neben der Eingangstreppe. Ein solcher Lift hat eine langsame Transportzeit und bringt den behinderten Nutzer in eine Sondersituation, in der er gezwungenermaßen die Aufmerksamkeit anderer Besucher auf sich zieht. Ähnliche Nachteile bringen nachträglich installierte Treppenlifte mit sich, die heute auch an Außentreppen montiert werden können.
Die gestalterische Integration von Rampen und Aufzügen in die Eingangsbereiche stellt sich bei der Modernisierung aller öffentlich zugänglichen Gebäude als architektonisch schwierige Aufgabe. Zu einer besonderen Herausforderung wird sie bei Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Denn ein Denkmal soll die Geschichte eines Gebäudes dokumentieren. Moderne technische Einrichtungen, die es zur Entstehungszeit des Gebäudes noch nicht gab, können leicht störend wirken. Auch wird häufig der Weg gewählt, Rampen oder Aufzüge möglichst zurückhaltend oder unscheinbar zu gestalten. Das Gegenteil ist allerdings erforderlich, damit auch sehbehinderte und alte Menschen sie leicht erkennen und finden.
Informations- und Leitsysteme sind bei großen publikumsintensiven Einrichtungen heute selbstverständlich geworden. Auch wenn die Gebäude unter Denkmalschutz stehen, müssen die Orientierungshilfen kontrastreich gestaltet und Informationen gut erkennbar sein. Bei der von DIN 18040-1 geforderten Treppenstufenmarkierung kann es zu Interessenskonflikten kommen, deren Lösung auch den Verzicht auf Markierung ermöglichen sollte, wenn eine Treppenanlage einen besonderen baukünstlerischen Wert besitzt. Eine gute Ausleuchtung des Treppenraumes kann mitunter helfen, die hierdurch für sehbehinderte Menschen entstehenden Nachteile zu mindern.
Bei einer Vielzahl von denkmalgeschützten Gebäuden beschränkt sich die Schutzwirkung auf die äußere bauliche Erscheinung, also auf die Fassaden und Dächer. In diesen Fällen genießen die Umbaumaßnahmen im Gebäudeinneren viel Freiheit. Da in der Regel mit den Umbauten und Sanierungen sowieso die Errichtung moderner Toilettenräume verbunden ist, können auch der DIN-Norm entsprechende barrierefreie Sanitärräume realisiert werden.
Etwas anders stellt sich die Situation im Beherbergungssektor dar. Hotels und Gasthäuser, auch Jugendherbergen, müssen eine Vielzahl von Zimmern mit Sanitärräumen ausstatten. Fensteranordnungen und Statik denkmalgeschützter Gebäude verlangen bei der Umnutzung in Hotels eine Abkehr von Standardgrundrissen. Ein Teil der Zimmer dürfte allerdings in fast allen Fällen nach den Anforderungen der Barrierefreiheit realisierbar sein.
Bei historisch gewachsenen Übernachtungsstätten, beispielsweise Hotels, Gasthöfen und Pensionen in mittelalterlichen Ortskernen, sind verschachtelte Gebäudeteile typisch, die den Gästen die Orientierung erschweren. Hier hilft ein tastbares Modell der Gebäudeanordnung nahe der Rezeption. Ergänzend verbessern eine leicht verständliche Benennung der Gebäudeteile (z. B. "Haus zum Garten", "Haus zum Hof") sowie eine kontrastreiche Ausschilderung die Orientierung für alle Gäste.
Denkmalgeschützten Gebäuden sind oft ebenfalls historisch bedeutsame Außenanlagen zugeordnet. Während englisch geprägte Landschaftsparks und Barockgärten klar gegliedert und mit großzügigen Wegen ausgestattet sind, fallen Außenanlagen des Mittelalters wie auch der Romantik durch verwinkelte Gassen und verschlungene Pfade auf. Bei den beiden letztgenannten Fällen kann erwartet werden, dass zumindest die Hauptwege mit wichtiger Erschließungsfunktion in Anlehnung an die DIN-Normen restauriert und als barrierefrei nutzbar ausgeschildert werden.
Ein schwieriges Problem stellt teilweise der Umgang mit den historischen Bodenbelägen dar. Nachgiebige Sand- und Kiesbeläge sind weder für das Befahren mit Rollatoren noch mit Rollstühlen geeignet. Holprige und fugenreiche Pflasterungen bereiten gehbehinderten Menschen und Rollstuhlfahrern Probleme. Deshalb wird empfohlen, auf Verkehrsflächen, die für die Erschließung und Zugänglichkeit wichtig sind, eine Gliederung vorzunehmen und in den historischen Belag ebene Streifen mit großen Platten oder Asphalt einzulassen. Die Breite dieser Streifen sollte mindestens 90 cm betragen. Bewährt ist seit mehr als 100 Jahren der zwischen kleinteiligem Pflaster und großformatigen Platten gegliederte Bodenbelag der Bürgersteige in Berlin. Die Gliederung gibt auch blinden Menschen die Möglichkeit, sich mit den Füßen oder mit dem Langstock im Gehwegbereich zu orientieren.
Der Nutzbarkeit und Zugänglichkeit für alle Bevölkerungsgruppen kommt bei der Erhaltung von denkmalgeschützten Gebäuden und Anlagen eine hohe Priorität zu. Nur bei konsequenter Berücksichtigung dieses Belangs lassen sich wirtschaftliche Nutzungskonzepte realisieren, die für den Erhalt der baukulturellen Zeugnisse eine wesentliche Voraussetzung bilden.
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