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Kleinteilige stationäre Wohn- und Pflegekonzepte mit Gruppenstrukturen lösen die früher üblichen großen Stationen und Wohnbereiche in klassischen Alten- und Pflegeheimen zunehmend ab. Vorhandene Einrichtungen werden entsprechend umgebaut. Darüber hinaus haben sich in den letzten Jahren neue Wohn- und Betreuungsformen entwickelt:
betreutes Wohnen, Mehrgenerationenhäuser, Servicewohnen, Wohngemeinschaften oder ambulant betreute Wohnformen, Tagespflege sowie und Kooperationen zwischen Pflege- und Wohnungswirtschaft. Diese verbinden eine hohe individuelle Wohn- und Lebensqualität mit einer guten Betreuungs- und Pflegequalität und wirken Vereinsamungstendenzen entgegen.
Darüber hinaus können der Einsatz externer Hilfen oder teure Heimunterbringungen verzögert oder verhindert werden. Denn durch die richtige, bedarfsgerechte Gestaltung können altersbedingt nachlassende Mobilität und Sinnesleistungen zumindest teilweise kompensiert werden. Autorin Dipl.-Ing. Gudrun Kaiser

Wohnformen - Planung - Gestaltung - Beispiele

Leseproben zu ausgewählten Inhalten

Titelbild des Buches Bauen für ältere Menschen

Wohnalternativen, die zwischen dem Leben in den gewohnten vier Wänden und der Vollversorgung im Pflegeheim angesiedelt sind, bieten bei Pflegebedarf heute vielfältigere Perspektiven für das Leben im Alter: Gemeinschaftliche Projekte bieten nachbarschaftliche Unterstützung mit Hilfe zur Selbsthilfe.

Neue Kooperationen von Wohnungswirtschaft und Pflegebranche integrieren inzwischen ambulant betreute Wohngemeinschaften, Tagespflegeinrichtungen und technische Assistenz in den zunehmend barrierefreien Wohnungsbau und in die Quartiere.

Pflegeheime bieten unterschiedliche Wohn- und Betreuungskonzepte an, und in Hybridprojekten werden betreutes Wohnen, ambulante und stationäre Versorgungsbausteine und Leistungen in enger Nachbarschaft kombiniert.

Das Buch stellt all diese Entwicklungen im Kontext von Sozial-, Bau- und Heimgesetzgebung vor und unterstützt mit Informationen und Empfehlungen, Projektbeispielen und Detaillösungen bei der Umsetzung von Wohn- und Pflegekonzepten in eine bedarfsgerechte Architektur. Es soll auch zu einer kritischen Auseinandersetzung und zielführenden Anwendung von Normen und Regelwerken der Barrierefreiheit für Menschen mit Pflegebedarf anregen.

Wohnformen und Pflegeeinrichtungen

Grafik: Wohn- und Betreuungsformen für ältere Menschen

Die Grafik stellt dar, welche Formen sich in allen Bundesländern über die Landesbauordnungen hinaus auch im Anwendungsbereich der Landesheimgesetze mit besonderen Anforderungen aus deren baulichen Rechtsverordnungen befinden (rot) und welche in der Regel außerhalb dieses Anwendungsbereichs liegen (blau). Bei Tagespflegeeinrichtungen sind diese Zuordnungen in den Bundesländern uneinheitlich, bei ambulant betreuten Wohngemeinschaften (abWG) gibt es ebenfalls unterschiedliche Zuordnungen je nach struktureller Abhängigkeit der Bewohnerschaft und Größe der Wohngemeinschaft.

Wohnen in der eigenen Häuslichkeit

Praxistipp:
  • Standort mit guter Infrastruktur und Versorgungsangeboten sowie öffentlichem Nahverkehr in fußläufiger Entfernung von maximal 500 m
  • Barrierefreiheit nach DIN 18040-2
  • Aufzugserschließung
  • Kommunikationszonen im Erschließungsbereich (z. B. Laubengänge)
  • Abstellraum und Waschmaschinenaufstellplatz in der Wohnung/auf gleicher Ebene
  • möglichst getrennte Wohn- und Schlafräume
  • Küche mit oder nah am Essplatz
  • niedrige Fensterbrüstungen mit ca. 60 cm Höhe zur besseren Sichtverbindung im Liegen oder Sitzen
  • Küchengerate (z. B. Backofen, Kühlschrank) in Augen- und Greifhöhe
  • natürliche Belichtung und Belüftung aller Raume
  • eigener Balkon, eigene Loggia oder bodentiefes Fenster mit Absturzsicherung
  • empfohlene Wohnungsgrößen (größere Bewegungsflächen sind für die Rollstuhlnutzung erforderlich):
    • für eine Person: ca. 35 bis 60 m2 (ein bis zwei Wohnräume plus Küche und Nebenräume)
    • für zwei Personen: ca. 60 bis 80 m2 (zwei Wohnräume plus Küche und Nebenräume)
    • für öffentlich geförderte Wohnungen siehe Landesrichtlinien für soziale Wohnraumförderung

Bauteile, Ausstattung und Räume

Leitsysteme und orientierungsstiftende Maßnahmen

Eine übersichtliche und orientierungsfördernde Gestaltung der unterschiedlich öffentlichen Bereiche von Wohn- und Pflegeeinrichtungen zeugt von einer hohen Wertschätzung älterer und demenziell erkrankter Bewohnerinnen und Bewohner auch bei fortgeschrittenen kognitiven Einschränkungen und nachlassenden Sinnesleistungen.

Öffentliche Bereiche sind:
Eingangsbereich | Verwaltung | Foyer | Cafeteria | Aufzüge | Erschließungskerne | Treppenhäuser und Flure.

Halböffentliche Bereiche sind:
Wohngruppen | Wohnbereiche | Hausgemeinschaften | Aufenthaltsräume | Wohnküchen und Sitznischen | Wohnbereichsflure.

Private Bereiche sind:
Wohnungen | Appartements | Bewohnerzimmer | Bäder.

Leitsysteme in öffentlichen Erschließungsbereichen

Im öffentlichen Bereich der unterschiedlichen Wohnformen für demenzerkrankte Menschen ist neben ausreichenden und barrierefreien Bewegungsflächen ein Leitsystem aus deutlichen Wegweisern hilfreich, das Orientierung und Wiedererkennung fördert und Sicherheit vermittelt.

Vom Hauseingang bis zum Eingang der Wohnung, des Wohnbereichs oder der Hausgemeinschaft, also außerhalb der halböffentlichen und privaten Räume, ist dafür auch die plakative Kennzeichnung der Geschosse und Bauteile durch Farben und Ziffern nach dem Parkhausprinzip ein probates Mittel. Auch Angehörige sowie Besucherinnen und Besucher profitieren von wegweisenden Gestaltungsmaßnahmen zur Standortbestimmung im Gebäude, um öffentliche, halböffentliche und private Bereiche finden und unterscheiden zu können (siehe Abb. 4.58).

Damit Beschilderungen und Leitsysteme jedoch nicht zu einem behörden- oder rankenhausähnlichen Ambiente beitragen, sollten Informationen für die Bewohnerschaft, Pflegekräfte und Gäste in möglichst gut verständlicher und leicht erfassbarer Form präsentiert werden.

Für die Übersichtsdarstellung der Geschosse sollten große Zahlen, scharfe Abbildungen, einfache Piktogramme sowie deutliche, kurze Schriftzüge verwendet werden. Anstelle von Geschosskürzeln wie EG und OG, die von vielen Menschen nicht verstanden werden, sollte allenfalls ein E für Eingangs- oder Erdgeschoss, besser jedoch Ziffern, vollständige Bezeichnungen oder Bilder verwendet werden.

Menschen mit Demenz können mit dem Fortschreiten der Erkrankung ihre Lesefähigkeit verlieren bzw. die Inhalte des Gelesenen nicht mehr begreifen. Auch unscharfe, abstrakte Darstellungen und farbige Zierschriften sind für Personen mit nachlassenden kognitiven Fähigkeiten als Informationsgeber ungeeignet.

Die DIN 18040 gibt weitergehende Empfehlungen zur Gestaltung von Leitsystemen nach dem Zwei-Sinne-Prinzip (vgl. Tabelle 4.8). Bei der Beeinträchtigung einer Sinnesfunktion soll dabei die erforderliche Information möglichst über einen zweiten Sinn erfasst werden können.

Für öffentliche Gebäude und Eingangssituationen ist die Umsetzung dieser Empfehlungen der DIN 18040 erforderlich und sinnvoll. Auch in Einrichtungen der Altenhilfe leben viele Menschen mit unterschiedlichen Sinneseinschränkungen. Dennoch muss gerade dort vor Irritationen durch Reizüberflutung mit akustischen, taktilen und optischen Informationen gewarnt bzw. zu deren wohlüberlegtem Einsatz aufgefordert werden. Es sollte berücksichtigt werden, dass besonders Menschen mit Demenz diese Informationen selbst bei funktionierenden Sinnesleistungen oft kognitiv nicht zielführend interpretieren können und das Zwei-Sinne-Prinzip bei dieser Zielgruppe oft nicht greift.

Starke Kontraste und Veränderungen im Bodenbelag, laute Geräusche und blinkende Signale wirken auf alte Menschen mit Demenz, Desorientierung, nachlassenden Sinnesleistungen und kognitiven Defiziten oft erschreckend und erzeugen Unsicherheit oder Panik. Auch die Beschriftung mit Braille’scher Blindenschrift ist in Pflegeeinrichtungen nicht empfehlenswert. Wenn überhaupt, dann ist sie nur dort sinnvoll, wo sie von den insgesamt sehr wenigen blinden Nutzerinnen und Nutzern des Gebäudes, die diese Schrift beherrschen, tatsächlich selbstständig entdeckt und begriffen werden kann, wie z. B. an Eingängen und Bedientableaus von Aufzügen. Im Wohnumfeld der Heimbewohnerschaft ist daher eine sorgfältige Abwägung sinnvoller Informationsvermittlung im Alltag und in Gefahrensituationen zu treffen.

Das Buch "Bauen für ältere Menschen" bestellen:

zum Preis 96 EUR (inkl. 7 % MwSt. und inklusive Versandkosten für nullbarriere Kunden).

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RM Rudolf Müller Medien GmbH & Co. KG