Planung und Gestaltung von Arbeitsstätten - barrierefrei
Was muss bei der Gestaltung von barrierefreien Arbeitsplätzen beachtet werden?
Barrierefreie Arbeitsplätze
Auch im Arbeitsleben wird sich der demografische Wandel zeigen: eine höhere Lebenserwartung und sinkende Geburtenzahlen lassen den Anteil älterer Arbeitnehmer in den Firmen anwachsen. Durch eine barrierefreie und ergonomische Arbeitsplatzgestaltung werden die Veränderungen der körperlichen und psychischen Fähigkeiten, die dem natürlichen Alterungsprozess unterliegen, und die Belastbarkeit jedes Einzelnen berücksichtigt. Arbeitsbedingte Erkrankungen und Behinderungen können so vermieden werden.
Für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die Arbeitswelt sind barrierefreie Arbeitsplätze unumgänglich. Arbeitsstätten sollten bereits barrierefrei gestaltet sein und nicht erst im Nachhinein hergerichtet werden müssen, wenn der Arbeitgeber überlegt, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen. Dies würde im Einklang stehen mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Art. 27 der Konvention).
Einige Rechtsgrundlagen in Bezug auf die Arbeitsgestaltung
- SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen
- Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV)
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
- Technische Regeln für Arbeitsstätten: Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten (ASR V3a.2)
- DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude
Landesbauordnungen und eingeführte technische Baubestimmungen
Für bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, gilt die jeweilige Landesbauordnung der einzelnen Bundesländer. Als Grundlage dient hier die Musterbauordnung (MBO), die unter § 50 Satz 2 festlegt: "Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere für ... Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude. ... Für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt es, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume und notwendige Stellplätze für Besucher und Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein."
Die relevante Norm zur Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden (DIN 18040-1) gilt als rechtliche Grundlage, wenn sie als technische Baubestimmung eingeführt wurde. Dies ist in fast allen Bundesländern der Fall.
Verordnung über Arbeitsstätten und technische Regeln für Arbeitsstätten
Laut § 3a Satz 2 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) gilt: "Beschäftigt der Arbeitgeber Menschen mit Behinderungen, hat er Arbeitsstätten so einzurichten und zu betreiben, dass die besonderen Belange dieser Beschäftigten im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie von zugehörigen Türen, Verkehrswegen, Fluchtwegen, Notausgängen, Treppen, Orientierungssystemen, Waschgelegenheiten und Toilettenräumen."
Die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung werden durch die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) konkretisiert. Eine barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten ist laut ASR V3a.2 gegeben, wenn "bauliche und sonstige Anlagen, Transport-und Arbeitsmittel, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische, visuelle und taktile Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen für Beschäftigte mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernisse und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind." (S. 3)
Was bei der Gestaltung von barrierefreien Arbeitsplätzen beachtet werden muss
Im Folgenden erhalten Sie eine Übersicht zur Gestaltung von barrierefreien Arbeitsstätten und Arbeitsplätzen, die sich an den Planungsgrundlagen der DIN 18040-1 orientieren. Das umfasst das Gebäude und das Gebäudeumfeld:
- Flächen und Außenanlagen
- Pkw-Stellplatz
- Erschließung
- Bewegungsflächen im Gebäude
- Sanitäranlagen
- Gemeinschaftsanlagen
Hinzu kommt die Ausstattung des Arbeitsplatzes selbst, wie z. B. die zu beachtenden Bewegungsflächen und Greifhöhen für motorisch eingeschränkte Arbeitnehmer. Für sinneseingeschränkte Arbeitnehmer, wie Sehbehinderte, Blinde, Hörbehinderte und Gehörlose sind besondere technische Hilfsmittel erforderlich.
Informationsmaterial anfordern
Lassen Sie sich Informationsmaterial und Preisangaben unverbindlich von den Partnern von nullbarriere.de zusenden oder Angebote erstellen. Markieren Sie dafür die von Ihnen gewünschten Produkte und füllen Sie das Kontaktformular aus.
Informationen aus der DIN 18040-1 Öffentlich zugängliche Gebäude zur Barrierefreiheit
Flächen und Außenanlagen
Maße zu Bewegungsflächen für den Rollstuhl (Platzbedarf, Wendekreis).
Mehr als 15 m lange Flure und Wege müssen für die Begegnung von Rollstuhlbenutzern eine Begegnungsfläche von mindestens 180 cm Breite und 180 cm Tiefe aufweisen.
Für Gehbehinderte sollten Begegnungsflächen mit Sitzmöglichkeit ausgestattet werden.
Außenanlagen
Pkw-Stellplätze für Menschen mit Behinderungen sind entsprechend zu kennzeichnen und sollten in der Nähe der barrierefreien Zugänge angeordnet sein. Sie müssen mindestens 350 cm breit und mindestens 500 cm lang sein.
Treppen sind mit Stufenvorderkantenmarkierungen und beidseitigen Handläufen zu versehen.
Stufenmarkierung
Handlauf
Handlaufinformationen
Handläufen sollten taktile Informationen zur Orientierung erhalten. Die Informationen sind am Anfang und Ende von Treppenläufen auf der von der Treppe abgewandten Seite des Handlaufes anzubringen.
Handlaufinformation
Rampe, Hebelift, Aufzug oder Treppenlift?
Bei Umbaumaßnahmen ist die Entscheidung Rampe, Hebelift, Aufzug oder Treppenplattformlift von der zu überwindenden Höhendifferenz und dem zur Verfügung stehenden Platz abhängig. Rampen ermöglichen die Überwindung geringer Höhenunterschiede. Um bspw. einen Höhenunterschied von 72 cm mit einer Rampe zu überwinden, erreicht man einschließlich der Bewegungsflächen eine Gesamtlänge der Rampe von 16,50 m. Für die vertikale Erschließung von Höhen bis 3 m eignen sich Hebebühnen. Sollen mehrere Etagen vertikal erschlossen werden, dann sind Personenaufzüge das Mittel der Wahl. Treppen lassen sich mit Treppenplattformliften überwinden.
Die Neigung von Rampenläufen darf maximal 6 % betragen; eine Querneigung ist unzulässig. Beidseitige Radabweiser und Handläufe sollen vorgesehen werden.
Rampen aus Metall
Einbaurampen
Türschwellenrampen
Die Aufzüge müssen gemäß DIN EN 81-70 Tabelle 1 mindestens Typ 2 entsprechen: Fahrkorb lichte Breite 110 cm, lichte Tiefe 140 cm, Türbreite 90 cm, Tragfähigkeit min. 630 kg
Personenaufzug
Hebebühnen
Hebebühne bis 1 m
Hebebühne bis 3 m
Treppenplattformlift
Ein Treppenlift darf die Funktion der notwendigen Treppe als Rettungsweg und die Verkehrssicherheit der Treppe grundsätzlich nicht beeinträchtigen. Der nicht benutzte Lift muss sich in einer Parkposition befinden, die den Treppenlauf nicht einschränkt.
Treppenplattformlift, Schrägaufzug
Türen müssen eine lichte Breite von mindestens (Fertigmaß) 90 cm haben. Türen von Toilettenkabinen, Duschkabinen und Umkleidekabinen dürfen nicht nach innen schlagen.
Türtechnik
Bodenbeläge müssen rutschhemmend (nach DGUV Information 207- 006, ehemals GUV-I 8527), rollstuhlgeeignet und fest verlegt sein. Sie dürfen sich nicht elektrostatisch aufladen.
Rutschhemmende Bodenbeläge
Bodenindikatoren als Blindenleitsystem
Öffentlich zugängige Gebäude oder Gebäudeteile, Arbeitsstätten und ihre Außenanlagen sind mit Orientierungshilfen auszustatten.
Visuelle, taktile und akustische Orientierungshilfen
Orientierungshilfen müssen sich gut durch Form, Material, Härte und Oberflächenrauigkeit unterscheiden. Große Glasflächen müssen eine kontrastreiche Kennzeichnung in festgelegter Höhe erhalten.
Leitsysteme, Pläne, Schilder
Dusch-WC, höhenverstellbare und seitenverstellbare WCs
Die Anzahl barrierefreier Sanitärräume und deren Lage sollte im Sinne einer nachhaltigen Nutzung flexibel geplant werden, um mögliche nutzerbedingte Veränderungen zu einem späteren Zeitpunkt zu ermöglichen.
Höhenverstellbare WC
Höhenverstellbare/unterfahrbare Waschtische und Armaturen
Grundsätzlich sind barrierefreie Toiletten und Waschräume in der Nähe der barrierefreien Arbeitsplätze zu platzieren.
Einhebelarmaturen oder berührungslose Armaturen sind anzuwenden. Bei einer berührungslose Armatur ist eine Temperaturbegrenzung (45°) erforderlich.
Waschtische/Waschtischlifter
WC-Notruf
Sanitätsräume in Arbeitsstätten müssen mit einer Notrufanlage ausgestattet werden. Der Notruf muss vom WC-Becken aus sitzend und vom Boden aus liegend ausgelöst werden können.
WC-Notruf
Berücksichtigung der Arbeitnehmer und Nutzer eines Gebäudes, die in ihren sensorischen, kognitiven oder motorischen Fähigkeiten eingeschränkt sein können.
Rauchmelder, Rettungssysteme
Schalter, Taster, Toilettenspüler, Briefkasten und Codekartenschlitze, Klingel, Bedienungselemente kraftbetätigter Türen, Notrufschalter sind in 85 cm Höhe anzubringen.
Räume für Veranstaltungen, Versammlungsräume, Schulungsräume und Seminarräume
Arbeitsplätze, Bürobereiche, Besprechungsräume
In Räumen mit Arbeitsplätzen und in Besprechungsräumen müssen als Wendemöglichkeiten für Rollstuhlfahrer Bewegungsflächen von mindestens 150 cm × 150 cm vorhanden sein.
Hinter Sitzarbeitsplätzen (z. B. Schreibtische) ist eine freie Bewegungsfläche von mindestens 150 cm × 150 cm vorzusehen. Bei Sitzarbeitsplätzen, die in mindestens 150 cm Breite voll unterfahrbar sind, kann die Tiefe auf 120 cm der Bewegungsfläche reduziert werden.
Der Arbeitsplatz
Körperliche Einschränkungen
- Mobilität: Benutzung von Rollstuhl, Gehstock, Krücken, Gehwagen, Rollator
- Ausdauer, Gleichgewicht: verlangsamte Bewegungen, Schwankungen
- Geschicklichkeit: verringerte Funktion der oberen Gliedmaße (Arme, Hände, Finger), fehlende oder gelähmte obere Gliedmaße
- Körpergröße: kleine Personen unterhalb 1,50 m oder große Personen oberhalb 2,00 m
- Allergien
Der Arbeitsplatz für den Rollstuhlfahrer muss auch zusätzlichen Behinderungen entsprechen sowie die Abmessungen des verwendeten Rollstuhls, z.B. E-Rollstuhl berücksichtigen.
Arbeitstische müssen mit dem Rollstuhl unterfahrbar sein (Breite mind. 90 cm, Tiefe mindestens 55 cm, lichte Höhe ca. 70 cm).
Bei Schränken, Schubladen und Ablagen muss der nach oben und unten eingeschränkte Greifraum (ca. 38 cm bis 140 cm über der Fußbodenoberkante) berücksichtigt werden. Siehe Reichweite, Reichhöhe von Rollstuhlfahrern
Technische Hilfen sind z. B.:
- höhenverstellbare Arbeitstische
- verstellbare Arbeitsstühle, Stehsitze
- Arthrodesenstühle
- höhenverstellbare Schränke, Regale, Paternosterschränke
Mobiliar
Stühle, Tische, Liftsysteme
Sensorische Einschränkungen
- Sehvermögen: Blindheit (Stock, Blindenhund), Teilblindheit, Farbenblindheit
- Hörvermögen: Taubheit, Schwerhörigkeit
- Sprechvermögen: verringerte Fähigkeit und Unfähigkeit zur Sprachkommunikation
Arbeitshilfen
Sehbehinderung
Anpassung der Beleuchtungsstärke an das Sehvermögen des Arbeitnehmers. Ein 60-jähriger Arbeitnehmer kann bis zu doppelt soviel Licht benötigen wie ein 20-jähriger.
Technische Hilfen für Sehbehinderte sind z. B.:
- Arbeitsplatzbeleuchtung
- Lupen mit Beleuchtung
- elektronische Vergrößerung mit Bildschirmangabe
- Geräte mit tastbarer Informationsangabe
Beleuchtung
Technische Hilfen für Blinde sind z. B.: Blindenschriftgeräte | Blindenschriftdisplay | Blindenschriftdrucker | Sprachausgabeeinheiten
Hörbehinderung
Einsatz von optischen Signalen anstelle von akustischen Signalen.
Technische Hilfen sind z. B.: Lautverstärker für Telefone | Meldegeräte für optische Informationsübermittlung | Schreibtelefon | Geräte zur schriftlichen Informationsübermittlung
Kognitive Einschränkungen
- Lernschwierigkeit: verringertes Verstehen von Anweisungen