Rampen, Treppen, Aufzüge
Höhenunterschiede sind für gehbehinderte Menschen, vor allem wenn sie auf einen Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind, nur schwer zu überwinden. Um Barrierefreiheit zu erreichen, sind deshalb immer besondere bauliche Maßnahmen erforderlich, die meist mit erheblichem baulichem Aufwand verbunden sind.
Fortbildung für Architekten/Planer und Entscheidungsträger
für die barrierefreie Gestaltung öffentlicher Verkehrsanlagen nach DIN 18040-3 und DIN 32984.
Webinar Öffentlicher Raum im November 2024
Seminar Barrierefreie öffentliche Infrastruktur
Rampen, Treppen, Aufzüge
Überwindung von Höhenunterschieden
Rampen
Im Vergleich zu Aufzügen sind Rampen zwar nicht die bequemere, aber die zuverlässigere Lösung. Als barrierefrei gelten Rampen nur bis zu einer Neigung von 6 % (siehe DIN 18040-1, Kap. 4.3.8). Alle 6 m ist ein Zwischenpodest erforderlich, mit einer Tiefe von mindestens 1,50 m. Eine Querneigung ist nicht zulässig, damit Rollstuhlfahrer nicht seitlich abdriften. Im Außenraum muss die Entwässerung gewährleistet werden, dazu kann auch das Zwischenpodest eine Längsneigung haben Diese muss aber unter 3 % liegen, sonst gilt das Zwischenpodest als Rampe. Die Rampenbreite beträgt mindestens 1,20 m, die Höhe der Handläufe 85 – 90 cm, die Höhe Radabweiser 10 cm. (siehe DIN 18040-1, 4.3.8)
Bei größeren Höhenunterschieden benötigen Rampenanlagen sehr viel Platz. Um eine Geschosshöhe zu überwinden, sind ca. 60 m Rampenlänge erforderlich, bei Unterführungen mit stärkeren Deckenkonstruktionen entsprechend mehr.
Wenn eine Wegebeziehung sehr frequentiert ist, kann es sinnvoll sein, sowohl Aufzug als auch Rampe vorzusehen. Dann kann die Rampe ggf. auch etwas steiler (bis ca. 10 %) und ohne Zwischenpodeste angelegt werden; das bedeutet aber, sie ist nicht vollständig barrierefrei. Die barrierefreie Wegekette ist dann durch den Aufzug geschlossen. Trotzdem werden bei Ausfall des Aufzugs gut ausgestattete Rollstuhlfahrer die Rampe noch nutzen können. In anderen Ländern, z.B. Österreich, gelten Rampen bis 10 % Neigung im Ausnahmefall durchaus als barrierefrei.
Die Breite von gemeinsamen Rad- und Fußgängerbrücken werden laut EFA mit einer Breite von 2,50 m angegeben. Des weiteren können Zuschläge z.B. für Verweilflächen angegeben werden. Ebenso ist die DIN 18040-3 zu beachten: Die Neigungsverhältnisse von für den Fußgängerverkehr vorgesehenen Flächen müssen für Menschen mit motorischen Einschränkungen, insbesondere für Rollstuhl- und Rollatornutzer, so beschaffen sein, dass die Flächen eigenständig und sicher nutzbar sind. Die Gehwegbreite beträgt mindestens 1,80 m zur Begegnung zweier Rollstuhlnutzer. Bewegungsflächen und nutzbare Gehwegbreiten müssen für eine barrierefreie Nutzung rutschhemmend sein.
Treppen
Auch wenn nicht alle Menschen Treppen nutzen können, bleiben sie für die meisten, selbst wenn sie motorisch eingeschränkt sind, die wichtigste, zuverlässigste und kürzeste Verbindung unterschiedlicher Ebenen. Für Blinde und Sehbehinderte ist eine Treppe meist viel einfacher und routinierter zu nutzen als ein komplizierter Aufzug. Deshalb müssen Leitsysteme immer zur Treppe führen, die Anzeige von Aufzügen und auch Rampen oder Rolltreppen bietet nur eine zusätzliche Information.
Damit Treppen gut nutzbar sind, sollten die Läufe möglichst gerade sein. Geländer müssen mindestens 30 cm waagerecht über das Ende der Trittstufe hinaus führen, damit blinde und auch andere Menschen am Handlauf Anfang und Ende des Treppenlaufs erkennen können. Trittstufen sollten nicht über die Setzstufen hinausragen, und zumindest die oberste und unterste Stufenkante müssen kontrastreich markiert sein (an der Setzstufe 1-2 cm, auf der Trittstufe 4-5 cm). Damit wird auf Beginn und Ende der Treppe hingewiesen (siehe DIN 18040-1, 4.3.6 Treppen). Im Außenraum ist sogar an allen Stufen eine solche Markierung erforderlich (siehe DIN 18040-3, 5.4.4. Treppen).
Treppen sind aber auch gefährliche Stolperfallen. Vor allem wenige oder auslaufende Stufen werden selbst von Normalsichtigen leicht übersehen, um so mehr gilt dies für Blinde und Sehbehinderte. Sie müssen deshalb vor dem oberen Ende vor der Absturzgefahr durch Bodenindikatoren gewarnt werden. Das gilt auch bei tieferen Zwischenpodesten über 3,50 m, weil hier die Treppenanlage oft nicht mehr als Einheit wahrgenommen wird.
Am unteren Ende von Treppen sind Aufmerksamkeitsfelder nur dann erforderlich, wenn die Treppe Element eines Leitsystems ist oder wenn sie nicht ohne diesen Hinweis aufgefunden werden kann, z.B. durch die Form der Gehbahnbegrenzung. Dann muss nach DIN 32984:2020-12 das Aufmerksamkeitsfeld mit Noppen mindestens 60 cm von der untersten Stufe abgerückt werden, damit die letzte Stufenkantenmarkierung und damit das Treppenende von oben deutlich visuell erkennbar ist.
Alternativ wäre nach DIN 18040-1 möglich, hier auf den visuellen Kontrast zwischen Aufmerksamkeitsfeld und Bodenbelag zu verzichten. Dies ist denkbar, weil das Feld weniger der Warnung, eher dem Auffinden dient, was Sehbehinderten auch so zumeist möglich ist.
Bei Treppen über 3 m Breite müssen Bodenindikatoren zu den Handläufen führen (siehe DIN 32984, Kap. 5.7). Bei mehr als 12 m Breite ist ein zusätzlicher Handlauf in der Mitte erforderlich. Leitsysteme führen dann auf diesen mittleren Handlauf. So ist immer gewährleistet, dass man sowohl mit der linken wie der rechten Hand dem Handlauf folgen kann.
Viele Blinde und Sehbehinderte nutzen auch Rolltreppen, dies ist allerdings nur gefahrlos möglich, wenn die Treppen nicht die Laufrichtung wechseln. Um die Nutzung zu erleichtern, werden Blinde und Sehbehinderte am besten an den Handlauf zwischen der Rolltreppe und der begleitenden festen Treppe geführt. In Leitsystemen kann auch ein Abzweigefeld auf die Rolltreppe hinweisen, dann aber nur auf die abgehende.
Aufzüge
Die komfortabelste Lösung für alle ist der Aufzug. Mit ihm lassen sich auch große Höhenunterschiede bequem bewältigen. Sie benötigen wenig Platz und lassen sich dadurch leicht in das Umfeld integrieren. Um sie mit Rollstuhl nutzen zu können, muss der Zugang mindestens 90 cm breit und die Kabine ausreichend groß sein (siehe DIN 18040-1, Kap. 4.3.5). Kleinere Aufzüge, in denen man nicht wenden kann, benötigen auf der Rückwand einen – bruchsicheren – Spiegel, damit der Weg aus der Kabine überblickt werden kann.
Vor dem Aufzug muss eine Bewegungsfläche von 1,50 x 1,50 m frei gehalten sein. Gegenüber darf keine Treppe direkt abwärts führen. Der Anforderungstaster und die Bedienknöpfe müssen in der Höhe von 85 cm angebracht sein, damit sie auch von Menschen bedient werden können, denen es schwer fällt, ihren Arm zu bewegen.
Für blinde und sehbehinderte Menschen sind Aufzüge zwar einerseits auch bequem, andererseits aber relativ komplexe Anlagen. Sie müssen gefunden, angefordert, betreten und bedient werden. Deshalb müssen die Taster ertastbar sein, Türöffnung und Stockwerk akustisch signalisiert werden. Das Auffinden eines Aufzugs ist durch Bodenindikatoren zu erleichtern.
Dabei müssen die Bodenindikatoren nicht zur Aufzugstür, sondern zum Anforderungstaster führen. Denn den Taster zu finden, bietet die größere Schwierigkeit, und mit der Anforderung durch ihn beginnt die Aufzugsfahrt.
Die Bodenindikatoren können als Auffindestreifen quer über einen Gang angeordnet werden, mit Rippen in Gangrichtung. Wird der Weg durch ein Leitsystem angezeigt, führt ein Leitstreifen zum Taster. Ein kleines Noppenfeld kann dann auf die Seite hinweisen, an der sich die Aufzugstür oder die -türen befinden.
Aufzugsanlagen sind beim Einbau wie in der Unterhaltung teuer und im Betrieb anfällig - vor allem dann, wenn sie im öffentlichen Raum frei zugänglich sind und stark frequentiert werden. Zu beobachten ist das oft an Bahnhöfen: Aufzüge fallen aus, die Reparatur lässt auf sich warten. Für diejenigen, für die der Aufzug die einzig nutzbare Verbindung ist, werden komplexe Wegeketten vollständig unterbrochen.
Inzwischen sind verschiedene Hilfen zumindest in Entwicklung, über solche Unterbrechungen von Wege- und Reiseketten möglichst zeitnah zu informieren. Das kann über das Internet erfolgen oder besser durch Apps für das Smartphone.
Besondere Orientierungshilfen
Treppen, Rolltreppen und Aufzüge sind oft Bestandteil von komplexen Verkehrsknoten und Verbindung verschiedener Verkehrsebenen. Hier ist die Orientierung besonders schwierig und deshalb Leitsysteme erforderlich. Es kann dann die Orientierung erleichtern, Informationen unterschiedlich zu gewichten, z.B. entlang einer Hauptorientierungsachse den Leitstreifen doppelt breit auszulegen. Auf untergeordneten Verbindungen, z.B. Rolltreppen oder Rampen, reicht es vielleicht, nur mit einem Abzweigefeld hinzuweisen (Abb. 13 und 14).
Quer verlaufende Leitstreifen müssen immer ausreichend Platz lassen vor Aufzügen oder Treppen, besonders vor dem Auslauf von Rolltreppen, um unangenehme Begegnungen mit wartenden oder querenden Passanten zu vermeiden (Abb. 8 und 10).
Zusätzliche Hinweise zur Orientierung können an Handläufen angebracht werden, oben in Prismenschrift mit lateinischen Großbuchstaben, auf der Rückseite in Brailleschrift. Dabei ist immer davon auszugehen, dass der rechte Handlauf genutzt wird. Am Antritt einer Treppe wird am rechten Handlauf darauf hingewiesen, wo die Treppe hinführt, am Austritt aber, wohin es rechts oder links ggf. weiter geht.