Clever Küchen planen - barrierefrei#print

Für das selbstbestimmte Wohnen ist die Küche von zentraler Bedeutung. So dient sie einerseits der Selbstversorgung und damit der Unabhängigkeit, andererseits ist die Bewirtung von Gästen wesentlicher Bestandteil der Pflege sozialer Kontakte. Auch im Falle der Fremdversorgung trägt die Möglichkeit, sich kleinere Zwischenmahlzeiten oder auch heiße Getränke wie Tee und Kaffee selbst zubereiten zu können, erheblich zur Lebensqualität und zum Selbstwertgefühl bei.

Küche barrierefrei und komfortabel - Gestaltungs- und Planungstipps

Art und Umfang der Küchenausstattung sind abhängig von der jeweiligen Wohnform. In der grundsätzlichen Funktionalität bestehen jedoch keine nennenswerten Unterschiede. Es wird daher zuerst von der Maximalform im individuellen Wohnbereich mit der Option der vollständigen Selbstversorgung ausgegangen.
Je nach Anteil der Fremdversorgung können dann in den einzelnen Bereichen Reduzierungen bis zu sog. Kleinküchen vorgenommen werden. Insbesondere in Ein- und Zwei-Personen-Haushalten werden diese sog. Kleinküchen angeboten. Der Bedarf an Geräten, Arbeitsflächen und das Depot an Töpfen unterscheidet sich nicht wesentlich von dem größerer Haushalte, daher sind Kleinküchen in der Regel mit einer eingegeschränkten Nutzungsqualität verbunden. Im allgemeinen Wohnungsbau ist mittlerweile auch in Wohnungen für größere Haushalte die Kleinküche die Regel.

Grob können folgende Größenkategorien unterschieden werden:

  • Kleinküche: > 5 m2
  • Küche: > 7,5 m2
  • Küche für die Rollstuhlnutzung: > 10 m2

Anordnung und Einrichtung

Die Einrichtungen und Arbeitsbereiche in Küchen sollten vorzugsweise zusammenhängend angeordnet werden. Zweizeilige Küchenanordnungen sind daher zu vermeiden, sofern dadurch der typische Arbeitsablauf unterbrochen wird. Vielmehr sind zusammenhängende Arbeitsbereiche zu bevorzugen, damit Behältnisse mit Flüssigkeiten oder heisse Töpfe nicht von einer Seite zur anderen getragen werden müssen.
Insbesondere in Fällen der Nutzung von Gehhilfen oder Rollstühlen ist dieses in der Regel nicht möglich. Es empfehlen sich daher die Anordnung in L- oder U-Form, die zudem eine Anordnung des zentralen Arbeitsbereiches über Eck ermöglichen. Für eine einzeilige Anordnung bieten sich zumeist nur Kleinküchen an, da auf Grund der erforderlichen Mindesteinrichtung andernfalls die Küchenzeile zu lang wird.

SkizzeSkizze

Zur Vereinfachung sollte die Küche in logischer Folge des Arbeitsablaufes eingerichtet sein. Der typische Ablauf besteht aus:

Lagern > Vorbereiten > Spülen > Zubereiten > Kochen > Verteilen

Daraus ergibt sich die folgende logische Anordnung:

  • Vorratsschrank
  • Kühlschrank
  • Arbeitsfläche
  • Spüle
  • Haupt-Arbeitsfläche
  • Kochfläche
  • Abstellfläche
  • Hochschrank mit Backofen/Mikrowelle

Die Arbeitsbereiche sollten zumindest in Teilen auch im Sitzen benutzt oder mit dem Rollstuhl unterfahren werden können, bevorzugt ist der zentrale Arbeitsbereich zwischen Spüle und Kochfläche unterfahrbar zu gestalten. Dazu ist es erforderlich, in diesen Bereichen auf Unterschränke zu verzichten. Wenn die Systembreiten eingehalten werden, können diese nach Bedarf nachgerüstet werden. Der entfallende Stauraum muß dafür in anderer Weise zur Verfügung gestellt werden.

Die Tiefe der Bewegungsfläche vor den Zeilen sollte 120 cm nicht unterschreiten . Diese Breite kann unter bestimmten Bedingungen auch für die gelegentliche Rollstuhlnutzung bzw. Benutzung von Gehhilfen ausreichend sein. In Wohnungen für Rollstuhlfahrer muß die Tiefe der Bewegungsfläche mindestens 150 cm betragen.

Arbeitshöhen

Gerade bei Menschen mit Funktionseinschränkungen, die mit fortschreitendem Alter häufiger gegeben sind, kann mit einer ergonomischen Gestaltung kräfteschonendes Arbeiten unterstützt werden. Unter diesem Aspekt hat die Arbeitshöhe besondere Bedeutung. Bezüglich der Arbeitsplattenhöhe entsteht jedoch ein Zielkonflikt. Einerseits steigt die durchnittliche Körpergröße von Generation zu Generation deutlich an, weshalb sich statt der Regelhöhe der Arbeitsfläche von 86 cm nunmehr eine Höhe von 91 cm zunehmend durchsetzt. Andererseits nimmt die Körperhöhe mit fortschreitendem Alter aufgrund von Wirbelsäulenveränderungen deutlich ab.

Aber auch diese bisherigen Standardhöhen sind nur Kompromißlösungen. Nach einer Studie der TH Darmstadt zur Ergonomie in Küchen entsprechen die heutigen Standardhöhen nicht den Anforderungen an ein rückenschonendes Arbeiten. Insbesondere sind auch die Höhen nach Arbeitsbereichen zu unterscheiden.

  • Fläche für Arbeiten im Stehen
  • Kochfeld
  • Spülbereich
  • Fläche für Arbeiten im Sitzen

Danach betragen die optimalen Höhen für Arbeitsflächen:

Höhen von Küchenarbeitsflächen
Körpergröße Durchschn. empf.
Arbeitshöhe
Kochfeld
Vordere/beide Kochreihen
Spülbereich Sitzarbeitsplatz
135 79,5 72 / - 80 60
145 81 72 - 79 / 72 90 65
155 86 72 - 86 / 72 - 79 95 69
165 90 72 - 93 / 72 - 93 100 74
175 98,6 79 - 93 / 72 - 93 105 78
185 100,6 86 - 93 / 79 - 93 110 84
195 103,6 86 - 93 / 79 - 93 115 88
200 103,6 93 / 86 - 93 120 90
Nach: TH Darmstadt, Inst. f. Arbeitswissenschaften: Ergonomiestudie zur körpergerechten individuellen Planung von Einbauküchen im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Moderne Küche (AMK) e.V.; 1991
Alle Maße in cm
Hinweise zur Tabelle Arbeitsflächen

Die Standardarbeitsfläche für Arbeiten im Stehen sollte 10 bis 15 cm unter dem angewinkelten Ellenbogen liegen.

Es empfiehlt sich, gegenüber der Standardarbeitsfläche die Kochfläche 5 bis 10 cm abzusenken. Die Tabellenwerte wurden zur besseren Anwendbarkeit aus den Grafiken der bezeichneten Studie abgeleitet. Der Höhenbereich vor dem Schrägstrich stellt die Bandbreite für die optimale Bedienung bei der Benutzung der vorderen Kochflächen dar. Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, dass die hinteren Kochflächen durch die gestreckte Armhaltung und verminderte Einsicht nicht optimal bedienbar sind. Diese sollten nur für leichteres Kochgut benutzt werden, das auch ohne größere Eingriffe selbständig gart. Im Falle der Benutzung beider hintereinanderliegender Kochreihen ist eine optimale Arbeitshaltung in keiner Arbeitshöhe gleichermaßen gegeben, so dass die kursiven Werte nach dem Schrägstrich Höhenbereiche mit eingeschränkter Eignung beschreiben.
Der Spülbereich ist um ca. 5 cm bis 10 cm anzuheben. Die Tabellenwerte wurden ebenfalls aus den Grafiken abgeleitet und stellen nur einen groben Richtwert dar.

Am Sitzarbeitsplatz ist vor dem Hintergrund einer möglichen Rollstuhlnutzung auf eine Unterfahrbarkeit in einer lichten Höhe von mindestens 67 cm, besser 69 cm an der Vorderkante zu achten. Unter Berücksichtigung einer Regeldicke von 4 cm für die Arbeitsplatte ergibt sich daraus eine Arbeitshöhe von 71 cm bzw. 73 cm. Dieser Wert korrespondiert mit den Ergebnissen aus der oben aufgeführten Studie ab einer Körpergröße von ca.160 cm.

In der Höhe verfahrbare Arbeitsplatten haben sich hinsichtlich Kosten und Zuverlässigkeit nicht bewährt. Insofern sind die Höhen auf den zu erwartenden Nutzerkreis abzustimmen. Im Bereich von Sitzarbeitsflächen können in der Höhe verfahrbare Arbeitsplatten zweckmäßig sein. Alternativ sind Systeme mit vertikalen Rasterschienen am Markt verfügbar, in die Arbeitsplatten mit Konsolen nach Bedarf in unterschiedliche Höhen befestigt werden können.

An der Kochfläche ist ebenfalls die Option der Unterfahrbarkeit mit dem Rollstuhl zu berücksichtigen. Aus der lichten Mindesthöhe zur Unterfahrbarkeit von 67 cm und einem Aufbau von etwa 10 cm ergibt sich eine Mindesthöhe der Oberfläche von etwa 77 cm, so dass die Empfehlungen der Studie ab einer Körpergröße von etwa ca. 150 cm für die stehende Benutzung eingehalten werden können. Eine Höhe über 80 cm für das Kochfeld ist für einen Rollstuhlnutzer nicht mehr verwendbar, da Einblick und Bedienung der Töpfe nicht mehr gewährleistet ist.

Für die Unterkante von Oberschränken ist ein lichter Abstand zur Arbeitsplatte von 40 bis 50 cm maßgebend. Ab einer Körpergröße von 165 cm sollte die Nischenhöhe 50 cm betragen, um einen Einblick in die gesamte Arbeitsplattentiefe zu ermöglichen. Es ist zu berücksichtigen, dass mit zunehmender Oberschrankhöhe sich der verfügbare Schrankraum für kleine Menschen vermindert. Der obere Fachboden ist für kleine Menschen und Rollstuhlbenutzer nicht einsehbar und nicht erreichbar. Das Einsehen von unten kann durch den Einsatz von Glasböden erleichtert werden.

Der Einbau von Auszügen statt Fachböden in Unterschränken stellt für die Benutzung nicht nur für ältere Menschen eine erheblich Erleichterung dar, da der vollständige Einblick möglich ist. Der Greifbereich wird durch die Rumpfbeugemöglichkeit bestimmt.

Skizze

Abbildungsbeispiel für Einbauhöhen der unterschiedlichen Einrichtungen für eine durschschnittliche Körpergröße von 165 cm; Ausstattung von links nach rechts:

  • Hochschrank mit Auszügen unten und Fachböden oben
  • "Apotheker"-Auszugsschränke
  • Kühlschrank mit Auszug unten
  • Arbeitsfläche, unterfahrbar, Oberschrank 50 cm ü. Arbeitsfläche
  • Spüleneinheit mit Geschirspülmaschine und Einbauspüle
  • Zentrale Arbeitsfläche, unterfahrbar
  • Kochbereich mit Kochfeld mit Bedienung von oben
  • Einbaubackofen mit seitl. angeschlagener Tür, Auszüge darunter, Fachböden darüber

Da auch in Hochschränken die Einsehbarkeit und Erreichbarkeit von Fachböden in den unteren und oberen Ebenen eingeschränkt ist, empfielt sich hier ebenfalls die Verwendung von Auszügen. Bewährt haben sich Frontauszüge, da dabei die Türen den Zugriff nicht beeinträchtigen. Hochschränke sind in geeignetem Umfang für die Aufnahme von Einbaugeräten vorzusehen, die in Sicht- und Greifhöhe liegen sollen, wie bspw. Backöfen, Mikrowellengeräte oder auch Spülmaschinen.

Aus der Abbildung wird deutlich, dass insbesondere im Spülenbereich eine Kompromißlösung nicht mehr möglich ist, die die optimale Bedienung im Stehen und im Sitzen gleichermaßen zuläßt. Für die Arbeitsflächen besteht die Möglichkeit einer nutzerbezogenen Anpassung durch Konsolenbefestigung an vertikalen Systemschienen. Einen kurzfristig variable Anpassung muss im Bedarfsfall durch ein hydraulisch oder elektromotorisch verfahrbares System erfolgen. Das Kochfeld liegt mit 80 cm etwa 6 cm über der optimalen Höhe für den Sitzarbeitsplatz. Systembedingt kann sich für das Kochfeld auf Grund der erforderlichen Beinfreiheit und der Schutzkastenhöhe eine Höhe von mehr als 80 cm ergeben.

Elektroeräte

Der heutige Standard von Einbauküchen beinhaltet den Einbau folgender Geräte:

Kühlschrank | Geschirrspüler | Einbauspüle | Glaskochfeld | Backofen | Mikrowellengerät als Option

Kühlschränke sind heute mit ihren Fachböden zumeist auf einer Höhe oberhalb von 50 cm montiert. Darunter können Auszüge wie Gemüsefächer, Getränkeauszüge oder Schubladen angeordnet sein. Kühlschränke unterhalb der Arbeitsplatte sind zu vermeiden. Die optimale Greif—/Bedienhöhe für den Kühlschrank liegt bei einer Körpergröße von 165 cm zwischen 95 cm und 105 cm, mit Einschränkungen bis ca. 135 cm.

Geschirrspüler verfügen in der Regel über Auszüge. Der untere Auszug sollte für eine Körpergröße von 165 cm nicht unter 40 cm liegen. Besteht die Möglichkeit für einen erhöhten Einbau, bedeutet dies eine erhebliche Erleichterung auch für die Bedienung aus dem Rollstuhl. Grundsätzlich empfehlen sich Geräte mit einfacher Programmstruktur, zur sicheren Bedienung mit Seheinschränkungen mit Knebel-Drehschalter.

Für die Einbauspüle empfiehlt sich eine Armatur mit ausziehbarer Schlauchbrause und eine Mischbatterie mit Temperaturbegrenzung. Die Mischeinrichtung sollte im vorderen Greifbereich angeordnet sein. Für eine unterfahrbare Einbauspüle ist ein entsprechend flaches Becken mit waagerechtem Ablauf und Flachform- oder Wandeinbausifon vorzusehen und auf einen ausreichenden Verbrühschutz zu achten.

Aus der Anordnung des Backofens in Greifhöhe und der Option der Unterfahrbarkeit ergibt sich die Verwendung eines sogenannten autarken Kochfeldes. Glaskeramik-Kochfelder ermöglichen ein Verschieben schwerer Töpfe ohne Anheben. Haben diese nur einen flachen aufliegenden Rahmen, so erleichtert das auch das Verschieben von und zur sonstigen Arbeitsfläche. Flächenbündige rahmenlose Einbauten bieten bei Seheinschränkungen weniger Orientierung.
Es empfiehlt sich in jedem Fall eine Bedienung von oben, vorzugsweise mit Knebeln, da diese auch bei Seheinschänkungen leicht zu bedienen und zu kontrollieren sind. Sensoranzeigen mit digitalen Ziffern erschweren in diesem Fall die Statuskontrolle.

Viele Produkte verfügen heute über eine zeitgesteuerte Sicherheitsabschaltung, die ein Erhitzen einer unbenutzten Platte verhindert. Wünschenswert wäre eher eine Zeitschaltung, die das gesamte Kochfeld nach einer voreingestellten Zeit abschaltet, so dass ein vergessener Topf keine nennenswerten Schäden verursachen kann.

Lineare Kochfeldanordnungen sind zwar leichter zu bedienen, erfordern aber eine höhere Breite. Eine kompakte Anordnung der Arbeitsbereiche kann aber andererseits gerade bei Mobilitätseinschränkungen die Arbeit erleichtern.

Der Einbau von Backöfen in Sicht- und Bedienhöhe dient ebenfalls der Erleichterung in der Benutzung. Mikrowellengeräte werden ohnehin schon in der Regel oberhalb der Arbeitsflächen montiert. Beim Backofen wird damit das Abstellen von Backblechen und -formen auf der Arbeitsplatte erleichtert. Der Backofen ist dazu mit einer seitlich aufschlagenden Tür auszustatten, da andernfalls die Tür der Bedienung hinderlich wäre. Im Falle eines unterfahrbaren Kochfeldes ist diese Anordnung ohnehin angezeigt.

Beispielanordnungen U-Küche und Küche mit Essplatz

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Im ersten Beispiel wird die kompakte Anordnung von Stauräumen und Arbeitsbereichen am Beispiel einer U-Küche dargestellt.
Die Anordnung des zentralen Arbeitsbereiches über Eck ermöglicht einerseits ein Arbeiten im Greifbereich von Spüle und Herd bei minimaler Bewegung, andererseits wird durch die Erhöhung der Arbeitsflächentiefe in der Diagonale eine Unterfahrbarkeit mit gestreckten Beinen im Falle von Gelenksversteifungen oder Beugungsschwächen ermöglicht.

Da häufig an der Stirnseite Fenster angeordnet sind, können diese von kleineren Personen und Rollstuhlnutzern nicht bedient werden.

Andererseits beeinträchtigt eine Aufteilung der Küchenzeile gerade die Benutzung für diese Personengruppen. Daneben benötigen andere weniger kompakte Formen auch eine höhere Grundfläche.
Am Markt sind für solche Fälle elektrische Fensterantriebe verfügbar, die mit einem überschaubaren Investitionsaufwand verbunden und auch im Bedarfsfalle nachrüstbar sind.

Im Falle der Integration oder Anbindung eines Essplatzes sind aber auch raumsparende Lösungen mit einer L-förmigen Anordnung denkbar.

Das zweite Beispiel zeigt die Anordnung des Essplatzes in unmittelbarer Verbindung zur Küche. Es ergeben sich mehrere positive Aspekte:

  • Der Esstisch kann als zusätzliche Arbeitsfläche genutzt werden;
  • Die Kommunikation zwischen Koch/Köchin und Gästen ist nicht unterbrochen;
  • Der Essbereich dient als gleichzeitig trennendes und verbindendes Element zum Wohnraum und ermöglicht so fließende Raumdispositionen ohne weitere Türen, die als Barrieren wirken.

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