Integratives/Barrierefreies Bauen am Beispiel öffentlich zugänglicher WCs, Familientoiletten und Unisex-Toiletten

öffentliche Sanitäranlage mit unterfahrbaren Waschtischeöffentliche Sanitäranlage mit Urinalen in unterschiedlichen HöhenSkizze GrundrissToilette im City-WCSeitenansicht der Lift-Toiletteseitenverstellbares WC

Barrierefreies Bauens kommt immer mehr in das Bewusstsein der Menschen und Architekten. Oft wird dabei jedoch fast nur an Rollstuhlfahrer gedacht. Barrierefreies Bauen schließt jedoch mehr ein.

Legt man die Definition "Einrichtungen, die ohne Erschwernis oder fremde Hilfe nutzbar sind" zugrunde, wird deutlich: Der Personenkreis, für den gut durchdachte, barrierefreie Planung nötig ist, ist wesentlich größer. Nicht nur für Personen mit Behinderungen, sondern auch für ältere Menschen und Kinder. Sie erleben Barrieren, die von vielen nicht wahrgenommen werden.

Man könnte in diesem Sinne auch vom "integrativen Bauen" sprechen. Es geht um Bewegungsräume, Abstände, Höhen und Größen von Objekten im Raum. Nicht nur ein Rollstuhl braucht Platz, vielmehr muß man als Planer auch Gehhilfen, Rollatoren und Kinderwagen in die Planung einbeziehen.

Besonders im öffentlichen Raum hat das eine größere Bedeutung. Die Benutzung vieler Einrichtungen kann durch die Motorik, die geistige Aufnahme- und Verarbeitungskapazität sowie durch die Körpergröße eines Menschen wesentlich eingeschränkt sein.

Barrierefreier Sanitärbereich/WC-Bereich in öffentlich zugänglichen Gebäuden

Ein wichtiges Thema in öffentlich zugänglichen Gebäuden ist der Sanitärbereich/WC-Bereich - ein Ort, der alle "betrifft" und hohe Anforderungen an die Funktion und die Hygiene stellt. Oft bleibt dabei die Gestaltung auf der Strecke. Dabei kann sie eine hohe Alltagstauglichkeit und ein Wohlfühlgefühl bzw. Sauberkeitsgefühl vermitteln.

Zu einer öffentlichen, vollfunktionsfähigen WC-Anlage gehören als Standard:

  • ein Damen-WC mit Spülung, WC-Kabinen und Waschbecken,
  • ein Herren-WC mit Spülung, WC-Kabinen, Urinalen und Handwaschbecken sowie
  • ein behindertengerechtes WC.

Wenn der Sanitärbereich etwas moderner ist, gibt es auch einen Wickelraum, meist jedoch mit nur einem Wickel-Platz.

Übrigens: Die Briten waren diesbezüglich bereits 1996 vorbildlich. Sie hatten als Bauherr eines Einkaufs- und Freizeitparks in Deutschland eine offene WC-Anlage mit einem großen Wickelraum (mit sechs Wickelplätzen) und zwei Stillräumen sowie Sitzgelegenheiten für die Geschwisterkinder in niedriger Höhe erstellt. Die WC-Anlage hatte berührungslose Armaturen und überzeugte durch eine benutzerfreundliche, fröhlich-anmutende Gesamtgestaltung.

Überschneidung der Nutzungsmöglichkeiten in WC-Anlagen

Selten zu sehen sind niedrigere WCs und Waschbecken, die auch kleine Menschen - ob jung oder alt - "ohne Erschwernis oder fremde Hilfe" nutzen können. Für das behindertengerechte/kindergerechte WC gibt es in Bezug auf Funktion sowie Flächennutzung im Ansatz der Planung mehrere Wege, als nur den einen separaten, rein funktionalen Raum einzurichten, der nach der DIN 18040-1 für Rollstuhlfahrer geeignet sein soll.

Eine Überschneidung der Nutzungsmöglichkeiten erweitert auch den Benutzerkreis. Konkret haben wir im Bereich der Planung von WC-Anlagen im öffentlichen Raum mehrere Möglichkeiten:

  • Ein separates Behinderten-WC im herkömmlichen Sinne und zusätzlich ein Eltern-Kind-WC mit einem Waschbecken, das niedriger und kleiner ist.
  • In jedem WC-Bereich (Herren und Frauen) gibt es ein großes WC für motorisch eingeschränkte, ältere, behinderte Personen, Mutter/Vater mit Kind: sprich zwei barrierefreie/behindertengerechte WC-Kabinen.
  • Alternativ auch eine multifunktionale, barrierefreie Unisex-Toilette. Es entwickelt sich derzeit auch der Trend, zwei Unisex-Toiletten, bei der die Nutzung beider Geschlechts auch mit Kindern möglich ist, vor den Damen/Herren WC's frei zugänglich zu positionieren.

So ist eine möglichst große Flexibilität der Nutzung und Effektivität der Flächen gewährleistet.

Einbeziehung von Betroffenenverbänden und Behörden

Besonders wichtig bei der Planung dieser Bereiche ist immer wieder, die Betroffenen miteinzubeziehen: D. h. entweder direkt die Nutzer, oder stellvertretend Verbände oder Behörden, die sich mit Barrierefreiem Bauen auskennen und Entscheidungskompetenz haben. Nur so können die Bedürfnisse im konkreten Fall umgesetzt werden.

Gebäude sollten im Zuge von Umbauten, Erweiterungen oder Revitalisierungen an die Anforderung angepasst und somit mehr Menschen zugänglich oder besser nutzbar gemacht werden. Hierbei wird in der Regel auf die DIN 18040-1 - Öffentlich zugängliche Gebäude verwiesen.

Auch wenn sie nicht immer eins zu eins umsetzbar ist - es handelt sich letztlich um eine Normierung, um ein wichtiges Regelwerk, das in nahezu allen Bundesländern in den Listen der Technischen Baubestimmungen eingeführt ist.

Es ist stets zu Prüfen, was geht und den Alltag erleichtert. Besonders bei Bestandsbauten ist die Norm im Einzelfall so umzusetzen, dass sie nutzbringend anwendbar wird.

Ich rate sehr, die lokalen behinderten Verbände oder Beauftragten möglichst früh mit in die Planung einzubeziehen, so werden die Baukosten i. d. Regel nur um max. 3 % in diesem Bereich höher. Insgesamt haben die Gebäude aber einen höheren Nutzwert. Es geht im Kern darum, individuelle Abstimmungen und Wünsche gemeinsam zu entwickeln und sinnhaft umzusetzen.

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