Hebelift, Deckenlift#print

Hebehilfen bieten vielfältige Vorteile - und werden doch (zu) selten eingesetzt.
Hebesysteme: Mobile Lifter, Wandlifter, Deckenlifter, Umhänge-Deckenlifter

Das unterschätzte Hilfsmittel

Pflegekraft hilft Frau beim Transfer in die Wande mittels HubliftWandlifter zum Transfer ins Bett2 Bilder - Deckenlift mit Person vor dem Pflegebadad und unter dem Türdurchgang2 Bilder - Betttransfer und Einhängung des Hebemoduls

Deutschland ist in Europa in Bezug auf die Ausstattung und Nutzung von Hebehilfen ein Entwicklungsland. Während es nämlich in vielen anderen Ländern bereits gang und gäbe ist, kranke und behinderte Menschen mit Hilfe von Liftersystemen zu heben und umzulagern, gerät diese Lösung hierzulande allzu oft zwischen die Mühlsteine juristischer Spitzfindigkeiten, falscher Eitelkeit und vermeintlicher Kosteneinsparungen. HANDICAP hält deshalb ein Plädoyer für die Leichtigkeit des Hebens.

[Auszug]

Hebesysteme - Überblick

Schon bei der Verordnung eines Hebesystems kommt es häufig zu Fehlern. Weil die Ärzte keine ausreichende Kenntnis von solchen Systemen haben, verschreiben sie schlicht einen "Lifter" oder eine Hebehilfe - eine Formulierung, die den Kostenträgern in die Hände spielt und meistens zur billigsten möglichen Versorgung führt, aber eben nicht zur besten.

Lifter für jeden Einsatzzweck

Welches Hebesystem für den jeweiligen Einsatzzweck tatsächlich das beste ist, sollte von einem Fachmann vor Ort begutachtet werden. Im Wesentlichen werden vier Systeme unterschieden:

  • Mobile Lifter
  • Wandlifter
  • Deckenlifter
  • Umhänge-Deckenlifter

Beim mobilen Lifter handelt es sich um ein Gestell, das auf Rollen fährt und so an den jeweiligen Einsatzort gebracht werden kann. In fast allen Fällen wird die Standsicherheit dadurch gewährleistet, dass das Gewicht über weit nach vorne ragende Ausleger, die über den Schwerpunkt nach vorne reichen, gehalten wird. Der Hebevorgang erfolgt, indem der obere Ausleger durch eine manuelle Hydraulik oder einen Elektroantrieb abgewinkelt wird. Da mobile Lifter technisch gesehen relativ einfach sind, halten sich auch ihre Kosten in Grenzen. Vor allem eignen sich solche Lifter für Personen, die noch eine gewissen Restmobilität haben und zum Beispiel mit Hilfe des Lifters aufstehen können. In diesen Fällen eignet sich das Hilfsmittel ausgezeichnet dazu, um zum Beispiel beim Umsetzen vom Bett in den Rollstuhl oder beim An- und Ausziehen der Hose zu helfen.

Allerdings haben mobile Lifter auch einige Nachteile. Zum Beispiel benötigt man immer eine Hilfsperson, die nicht zu schmächtig sein sollte. Dabei ist zwar das Heben selbst sowohl hydraulisch wie auch elektrisch kinderleicht, aber je nach Gewicht der zu hebenden Person und je nach Untergrund, auf dem der Lifter fährt, kann schon für die kleinste Fahr- und Drehbewegung ein erheblicher Krafteinsatz erforderlich sein. Bei Teppichen, Türschwellen, Absätzen oder kleinen Stufen stößt ein Mobillifter ohnehin an seine Grenzen. Auch in engen Räumen ist er ungeeignet, weil er viel Platz zum Rangieren benötigt. Die jeweiligen Einsatzorte müssen frei anfahrbar sein bzw. wie im Falle des Betts unterfahrbar. Da mobile Lifter sehr sperrig sind, ist es in vielen Fällen problematisch,sie in den Zeiten, in denen sie nicht gebraucht werden, unterzubringen. Außerdem haben mobile Lifter oft nur eine eingeschränkte Hubhöhe. Andererseits bieten diese Lifter den Vorteil, dass sie eingeschränkt transportabel sind und zum Beispiel bei einem Umzug ohne bauliche Maßnahmen mitgenommen werden können.

Wandlifter sind kranähnliche und schwenkbare Tragarme, die fest an der Wand montiert werden. Das Einsatzgebiet von Wandliftern ist sehr begrenzt, es sei denn, es handelt sich um einen aufgesteckten Tragarm, der an einem anderen Ort wieder in eine entsprechende Aufnahmevorrichtung eingesteckt werden kann. Zwar ist die Montage meistens recht einfach, jedoch führt der Vorgang selbst das Hilfsmittel in gewisser Weise ad absurdum. Da der tragbare Teil des Wandlifters 20 Kilo und mehr wiegen kann, belastet er auf Dauer ebenfalls die Gesundheit der Hilfspersonen. Dieses System eignet sich deshalb vor allem in solchen Fällen, wo es nur selten an einem zweiten oder dritten Ort eingesetzt werden muss. Ansonsten ist ein Wandlifter eine sehr preiswerte Lösung für enge Räume. Sowohl der Wand wie auch der Mobillifter sind mit elektrischer Unterstützung lieferbar, um das Heben zu erleichtern.

Umhänge-Deckenlifter in einer Grauzone

Deckenlifter sind solche, bei denen an einem Schienensystem unter der Decke ein Aggregat montiert ist. Dieses sorgt einerseits für den Vortrieb innerhalb des Schienensystems, andererseits übernimmt er mittels eines ablassbaren Gurtes die Hebeleistung. Zur Bedienung eines Deckenlifters benötigt man bei ausreichenden motorischen Restfähigkeiten nicht unbedingt eine Hilfsperson, da das System selbständig fahren und über eine Fernbedienung gesteuert werden kann. Mit Hilfe von Bögen und Weichen lassen sich beinahe alle Punkte einer Wohnung erreichen, allerdings können Deckenlifter nur sehr begrenzt Schrägen fahren. Zur Überwindung von Treppen sind sie deshalb ungeeignet. Auch Türen können eine technische Herausorderung darstellen, wobei die meisten Anbieter inzwischen entsprechende und auch ansprechende Lösungen im Programm haben. "Ich kann mir kein Haus vorstellen, in dem wir keinen Deckenlifter montieren können", sagt Nils Karing. Für die Montage eines Deckenlifters ist kein Architekt erforderlich, trotzdem kann ihre Hebeleistung bis zu 200 Kilo betragen. Selbstverständlich sind Deckenlifter auch mit einer Notabsenkung ausgestattet, damit die zu tragende Person im Falle eines Defekts befreit werden kann. Deckenlifter sind technisch aufwendig, weshalb ein solches System in einer minimalen Version kaum unter 4.000 Euro zu bekommen ist. Da es sich aber sehr bequem bedienen lässt und eine hohe Flexibilität bietet, verschafft es seinen Nutzern eine hohe Lebensqualität.

Umhänge-Deckenlifter sind erst seit relativ kurzer Zeit auf dem Markt und bewegen sich deshalb noch in einer kassenrechtlichen Grauzone. Auch bei diesem System werden Schienen unter der Decke montiert, allerdings wird der Motor nicht fest damit verbunden, sondern an einem Gurt in das System eingehängt. Dadurch haben Umhänge-Deckenlifter keinen eigenen Vortrieb und müssen von Hand in der Schiene hin- und hergeschoben werden. Mit dem Motor lässt sich die Länge des Gurts verändern, sodass auf diese Weise Personen angehoben werden können. Auch Umhänge-Deckenlifter können eine Hebeleistung von bis zu 200 Kilo haben. Ihr besonderer Vorteil ist, dass sie an jeder beliebigen Stelle wieder unkompliziert in ein geeignetes Schienensystem eingehängt werden können. Dadurch ist es beispielsweise nicht notwendig, die gesamte Wohnung zu verschienen, sondern nur die notwendigen Räume wie Schlafzimmer und Bad. Da ein Umhänge-Deckenlifter je nach Modell deutlich weniger als zehn Kilo wiegt, kann er bequem von einem Rollstuhlfahrer auf dem Schoß transportiert werden. Die meisten Anbieter dieses Systems haben aber auch einen eigenen Transportwagen für den Motor im Programm. Durch die Einsparung der kompletten Verschienung und die technisch einfachere Bauweise, sind Umhänge-Deckenlifter etwas preiswerter als fest installierte Deckenlifter. Trotzdem ist es meistens besonders schwierig, ein solches System von der Krankenkasse bezahlt zu bekommen. Weil Umhänge-Deckenlifter zum Beispiel keinen eigenen Fahrmotor haben, entsprechen sie nicht den Definitionen eines Deckenlifters und sind deshalb nicht ins Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden. Das ist zwar kein ausreichender, aber doch ein sehr beliebter Grund für eine Ablehnung der Kostenübernahme.

Hebetuch oder Hebebügel?

Alle genannten Hebesysteme stellen erst einmal nur die Hubtechnik zur Verfügung. Auf welche Weise der Betroffene dann angehoben, transportiert und wieder abgesetzt wird, hängt von den körperlichen Möglichkeiten sowie dem Einsatzzweck ab. Diese Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine ist bei allen Hebesystemen von besonderer Wichtigkeit und entscheidet darüber, ob ein Hebesystem für die betreffende Person überhaupt in Frage kommt. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Hebebügeln, Hebegurten und Hebetüchern. Hebebügel vermitteln vielen Anwendern ein sehr bequemes Gefühl, allerdings gibt es auch behinderte Menschen, die mit ihnen nicht zurechtkommen. Darüber hinaus sind sie sehr stabil und hygienisch. Da sie kein Wasser aufnehmen, können sie auch nach einem Besuch der Badewanne oder des Schwimmbeckens leicht abgewischt werden und sind sofort wieder sauber und trocken. Hebebügel eignen sich für Kinder und Erwachsene gleichermaßen, allerdings nicht für Personen, die keine ausreichende Körperstabilität haben. Da Hebebügel meistens aus Edelstahl gefertigt sind, liegt ihr Preis außerdem um ein Vielfaches über denen von Hebetüchern. Erschwerend kommt hinzu, dass Hebebügel konstruktionsbedingt relativ sperrig sind und deshalb sowohl beim Gebrauch als auch bei der Lagerung einigen Platz beanspruchen. Hebetücher hingegen lassen sich nach dem Gebrauch bequem zusammenfalten und in einer Schublade verstauen. Für Menschen mit einem geschwächten Muskeltonus oder fehlender Nackenkontrolle stellen sie ohnehin die einzige Möglichkeit dar gehoben zu werden. Hebetücher gibt es sowohl im Material wie auch in der Funktionalität in vielfältigen Ausführungen. Toilettenhebetücher beispielsweise verfügen über eine große Aussparung in der Sitzfläche, um den Toilettengang möglichst einfach zu machen. Extra große Hebetücher machen es möglich, mobilitätsbehinderte Menschen in einer liegenden Position zu transportieren und sie so zum Beispiel auch vom Boden aufzuheben. Wem die Bandbreite der angebotenen Hebetücher nicht ausreicht, kann sich mit relativ geringem Aufwand ein maßgeschneidertes Hebetuch anfertigen lassen. Bei der Wahl des Materials sollte man vor allem den Einsatzzweck berücksichtigen. Nutzt man das Tuch beispielsweise hauptsächlich zum Baden, ist ein saugender Stoff nicht geeignet. Hebetücher haben allerdings oftmals das Problem, dass sie schwer zu handhaben sind. Während man die zu hebende Person im Bett noch auf das Tuch rollen kann, wird es im Rollstuhl schon schwieriger. Um das Tuch zu entfernen oder wieder anzulegen, muss man in manchen Fällen den Rollstuhlfahrer anheben, was in gewisser Weise den Zweck des Tuchs aufhebt. Alternativ bleiben manche Anwender auf dem Tuch sitzen, was aber wegen der höheren Dekubitusgefahr und des wenig gelungenen optischen Eindrucks auch keine optimale Lösung ist.

Hebemittel gründlich aussuchen und testen

Gurtsysteme sind zwar wesentlich einfacher anzulegen, lassen die zu hebende Person aber buchstäblich in den Seilen hängen. Da das gesamte Gewicht auf eine kleine Fläche verteilt wird, entsteht ein hoher Druck, der die Dekubitusgefahr erhöht. Auch das Sitzgefühl ist in Gurtsysteme eher ungemütlich. Da aber viele Körperstellen frei zugänglich bleiben, bieten solche Lösungen besonders im Bad einige Vorteile. Insgesamt sollte man die Wahl des richtigen Hebemittels nicht unterschätzen. Bevor man sich für ein Hebesystem entscheidet, sollte man deshalb unbedingt ausprobieren, ob und wie man mit einem Hebebügel, -gurt oder -tuch zurechtkommt.

Obwohl Liftersysteme in Deutschland im Vergleich zum europäischen Ausland noch eher ein Schattendasein führen, gibt es eine ganze Reihe von Anbietern. Diese halten neben dem Standardprogramm auch viele Sonderlösungen bereit, sodass sich ein Vergleich auf jeden Fall lohnt.

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Text: Volker Neumann HANDICAP 3/2006

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