Der Freisitz

Balkone im Bestand

Im Wandel der Zeit hat auch der Balkon eine andere Bedeutung gewonnen. So war es im Bürgertum Anfang des 19. Jahrhunderts Wohlhabenheit und Großzügigkeit zu demonstrieren.

Die Fassadengestaltung hatte die Aufgabe, die soziale Stellung zu zeigen, die Macht, die Überlegenheit. Man nutzte Erker und Loggien, auch Balkone zur Gliederung der Fassade, was auch in heutiger Zeit eine der wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten bei einer Fassade uns bietet.

So ist aber dennoch zu unterscheiden zwischen dem Zweckbalkon, der vor allem vor Witterungseinflüssen, als Schattenspender oder bei starken Schlagregen einen Schutz bieten sollte. Diese Art der Gestaltung finden wir ja auch heute noch in den südlichen Ländern, wo Schutz gegen die starken Sonneneinstrahlung geboten wird.

In unseren Breiten und zur heutigen Zeit ist der Balkon eine Art Gartenersatz und somit eine zusätzlich Öffnung des Gebäudes ins Freie und dient vor allem dem Wohlbefinden der Bewohner.

Inzwischen ist eine Wohnung ohne Balkon oder Loggia fast kaum noch vermietbar, daraus ist ersichtlich, welchen hohen Stellenwert der Balkon oder Loggia für die Bewohner hat.

Es ist nicht mehr so, dass der Balkon nur schmückendes Detail der Fassade ist mit Brüstungen aus schmiedeeisernen Geländern.

Angebot und Nachfrage bestimmen auch bei den Herstellerfirmen die vielseitigsten Gestaltungsmöglichkeiten, sei es in Grundrisslösungen der Bodenplatte oder die Material - und Gestaltungsvielfalt.

Wenn vor einigen Jahren nur der Platz für ein Gartenstuhl genügte, so besteht heute doch der Wunsch, Platz für eine Sonnenliege o.ä. zu haben.

Da gerade in den neuen Bundesländern bei den Block - und Plattenbauweise, bis auf einige Typen der Anfangsjahre, bei der Planung schon Loggien / Balkone berücksichtigt und montiert wurden, so konnte sich bei Einzug fast jeder Bewohner glücklich schätzen, welcher einen Platz im Freien hatte.

Doch im Laufe der Jahre haben sich nicht nur die Wohnansprüche verändert, sondern auch die Bausubstanz war oftmals in einem desolaten Zustand und eine Sanierung wurde zwingend erforderlich.

Noch kommt dazu, dass bei einer Fassadensanierung der Balkon oder Loggia nicht unberücksichtigt bleiben kann, da sonst Wärmebrücken entstehen würden, was bauphysikalisch nicht vertretbar ist.

So lässt sich feststellen, dass das Nützliche mit dem Angenehmen ein harmonisches Ganzes ergibt!

Von Fall zu Fall wurde bisher immer entschieden sind Balkone vom baulichen Zustand noch vertretbar, erfolgte nur eine Sanierung und Erneuerung der Brüstungsplatte. Sind die Balkone aber derart von Bauschäden betroffen, so werden sie entfernt und durch vorgestellte Balkone ersetzt. Auf Grund einer höheren Wohnwertqualität und somit besserer Vermietbarkeit wird sich meistens für eine Grundrissvergrößerung entschieden. Wobei hier eine Gestaltung nach DIN 18040-2 erfolgen sollte, sodass völlige Barrierefreiheit gewährleistet ist. Dies betrifft sowohl die Balkontürbreite von 90 cm, wie auch ein Anpassen im Sockelbereich, um eine Schwellenhöhe zu vermeiden, welche letztendlich eine große Stolpergefahr bedeutet und bei Bewegungseinschränkungen, oft der Balkon nicht mehr benutzt werden kann. Dazu werden diverse konstruktive Lösungen auch schon von den Herstellerfirmen angeboten.
Wenn eine neue Bodenplatte zum Einsatz gelangt, sollte mindestens eine Freifläche von 1,50 x 1,50m m entstehen, um eine Barrierefreiheit zu gewähren.

Vielseitige Gestaltungsmöglichkeit lassen die Fassade aufwerten und geben dem Gebäude seine eigene Identität. Der Vermieter hat die Möglichkeit, die Nutzfläche bis 50% pro m2 auf die Miete umzulegen.

Bei den Loggien wurde in den meisten Fällen bei einer Sanierung der Fassade auch so entschieden, die alten Loggien abzutrennen und durch vorgestellte Balkone, sei es aus Stahl oder Betonfertigteilen zu ersetzen, je nach Gebäudestruktur und Geschossanzahl.

Balkone am Plattenbauzusätzlich vorgestellte Balkone

Zusammenfassend kommt man zu dem Entschluss, um Balkone / Loggien dem heutigen Stand der Nutzerwünsche zu entsprechen und somit eine besserer Vermietbarkeit zu sichern, gibt es nur zwei Wege:

  • Vergrößerung
  • Abriss und Neubau

Gestaltungsmöglichkeiten

Hier sind unzählig viele Möglichkeiten , sei es bei der Materialauswahl, Farbe der Beschichtung oder der Geländerkonstruktion bis hin zu den Blumenkastenhalterungen. Trotzdem sei erwähnt bei aller Gestaltungsvielfalt, sollte man beachten, dass die Bewohner sich auf dem Balkon / Loggia wohlfühlen sollen und aus diesem Grund sollte auf filigrane Gitterkonstruktionen oder Lochblechbrüstung verzichtet werden. Auch wenn es während der Planung und Sanierung gestalterisch sehr wirkungsvoll sein kann, ist es für den Bewohner eher unzweckmäßig, da neben Lärm, Schmutz auch noch die direkte Einsicht sehr störend wirkt und letztendlich fast immer die Bewohner dann notgedrungen sich selbst behelfen, sei es mit bunten Markisenstoff oder andere Schutzmaterialien. Das Resultat ist, dass das Gebäude zur kunterbunten Fassadegestaltung wird und damit ist keinem gedient.

Sollte man sich dennoch für Lochblech oder Gitterstäbe entscheiden, so sollte Innenseitig eine helle Platte, z.B. Mattglas als Schutz gegen gesetzt werden.

Grundrissveränderung

Die Ausführung der Bodenplatten sind variabel möglich, wie ja auch viele Sanierungsbeispiele zeigen, doch sollte immer berücksichtigt werden , dass eine nutzbare Tiefe von 1,5 m besser 1,75 m erreicht wird.
Auch sind viele Ecken eher unzweckmäßig, da für den Mieter kaum Stellmöglichkeiten entstehen im Fall einer Behinderung außerdem diese zu einer nutzlose Fläche wird.

Sinnvoll ist im obersten Geschoss möglichst eine Überdachung vorzusehen, um dem Mieter die gleichen Nutzungsmöglichkeiten zu bieten und dadurch auch keine Benachteiligung der Wohnqualität entsteht.

Teilverglaste Balkone

Besteht die Möglichkeit die Vergrößerung der Balkone so zu planen, dass die 3,0 m Breite überschritten werden kann, so bietet sich auch an eine Teilverglasung vorzusehen, um dem Mieter eine längere und somit variable Nutzungsmöglichkeit zu bieten.

Verglaste Balkone

Vollverglasung ist besonders dann zu empfehlen, wenn die Gebäude an einer stark frequentierten Strasse steht. Somit ist eine Nutzung in Form eines Wintergarten möglich, was von den Mietern, welche bereits in den Gebäuden vorher wohnten, als sehr positiv empfunden wird.

Was noch ? !

Die Balkone sind zwar mit wichtigster Bestandteil einer gelungenen Fassade und verleihen der Wohnung einen höheren Wohnwert. Dennoch möchte ich auf bestimmte Details noch hinweisen, welche erheblich auch indirekt für eine Wohnwertverbesserung beitragen, auch wenn diese nicht direkt zur Wohnung zählen, so ist es doch von Wichtigkeit, die Hauseingangstür mit einem Vordach oder einer kompakten Hauseingangsgestaltung, -letzteres bezieht sich vor allem auf die Hochhäuser-, in die Fassadengestaltung mit zu integrieren.

Das Wohlfühlen in einem Wohngebiet beginnt eigentlich schon im näheren Umfeld und somit ist es ratsam auch hier zu investieren und nicht nur die eigentliche Fassade als Einheit zu sehen.

Auch im Bereich der Außenanlagen sollte auf einen Fahrradständer - und eventuell einer Mieterbank, - wenn es sich anbietet, nicht verzichtet werden.
Nicht selten finden wir vor den Gebäuden Differenzstufen, hier sollte wenigstens zusätzlich eine Schräge vorgesehen werden, nicht nur für Behinderte mit Rollator oder Rollstuhl, auch für Mieter mit Kinderwagen ist es eine Erleichterung.
Eine ausreichende Ausleuchtung des Gebäudes und Briefkastenanlage gehören ebenso zum Wohlfühlen und einer höheren Wohnwertqualität.

Und nicht zuletzt sei noch erwähnt das Treppenhaus, hier sollte besonderes auf eine harmonische Farbgestaltung Wert gelegt werden. Auf Grund der oft kleinen Treppenhausfenster, -wenn überhaupt welche konstruktiv im Wohntyp vorhanden-, ist der Lichteinfall eh schon minimiert und deshalb sei gewarnt vor dunklen Farbtönen. Hier ist genauso wie für die Fassade ein Gestaltungskonzept erforderlich, denn Farben beeinflussen die Psyche des Menschen, deshalb kann man ohne Übertreibung auch sagen, dass ausnahmslos jeder Mensch von Farben seiner Umgebung berührt und ebenso geformt wird. Schöne Farben und Lebenslust sind eins und somit führen sie indirekt zu einer höheren Wohnwertqualität, vorausgesetzt es werden die Gestaltungsrichtlinien eingehalten, wobei sich eine fachlich gute Beratung in jedem Fall von Nutzen erweist, was nicht zuletzt durch die Mieter dankend wahrgenommen wird und auch der Vermieter handelt im Sinne des Wohlbefindens seiner Mieter, außerdem stellt jede Fassade auch eine Visitenkarte des Vermieters dar.



ERHALTEN UND GESTALTEN " Ästhetik am Plattenbau"

Titelbild

Dieses Buch ist ein ausgezeichneter Leitfaden für die gestalterische Ausführung der Plattenbau-Sanierung. Planer, Ausführende und Wohnungsbaugesellschaften finden hier Rat und Anregung, wie sie Sanierungsarbeiten mit ästhetischer Harmonie verbinden können. Häufig auftretende Fehler werden aufgezeigt, ihre Ursachen aufgedeckt und fundierte gestalterische Angebote unterbreitet.

Diese Publikation soll dazu beitragen, dass Ästhetik statt Kitsch am Bau entsteht.

Da zuerst in den neuen Bundesländern mit der Sanierung begonnen wurde, ist der Titel auf Plattenbau ausgelegt, genauso aber einsetzbar für die alten Bundesländer, wo der soziale Geschosswohnungsbau jetzt mit der Sanierung ansteht. Die beschrieben bauphysikalischen Probleme tauchen hier ebenfalls auf.

Diese Themen sind ebenso in den neuen Beitrittsländern zur EU aktuell, deshalb liegt der Text des Buches auch in englischer und tschechischer Übersetzung vor, welche als Anlage zum Buch für 10,00 EUR Aufpreis erhältlich sind.


Inhaltsverzeichnis

19,90 EUR + Versandkosten von 2,00 EUR
Übersetzung englisch oder tschechisch zuzüglich 10,00 EUR

Das Buch bestellen Sie per Kontaktformular direkt bei Frau Dipl.Ing. Monika Holfeld
KontaktformularKontaktformular


Schliessen