Behinderten-WC contra Abstellraum
Poster aus der Serie "bunt ist schöner" von Kassandra Ruhm, in der Menschen zu Wort kommen, die sich in einem oder mehreren Merkmalen von dem unterscheiden, was oft als "normal" angesehen wird. Manche der Modelle leben mit Behinderungen, manche sind schwarz, schwul oder lesbisch, eingewandert, muslimisch oder mehreres gleichzeitig. Oder sie leben auf andere Weise unter Bedingungen, die im gesellschaftlichen Bild manchmal unter den Tisch fallen.
Behinderten-WCs sind keine Abstellräume! Ein Poster für alle Örtchen
Haben Sie das auch schon erlebt? Man öffnet die Tür einer öffentlichen Behinderten-Toilette – und steht vor einer Abstellkammer.
Manchmal steht "nur" etwas auf der Rangierfläche neben der Toilettenschüssel. Deshalb können Rollstuhlfahrer*innen nicht mehr seitlich neben das WC fahren, um sicher vom Rollstuhl auf die Toilettel über zu setzen.
Manchmal ist fast die ganze Behinderten-Toilette vollgestellt wie ein Lagerraum. Nur ein Durchgang von der Tür zur Toilette ist frei.
Wie oft habe ich schon (langwierig) mit den Betreiber*innen solcher Toiletten diskutiert, um sie dazu zu bringen, die Toilette für meinen nötigen Besuch frei zu räumen und dann auch für andere frei zu lassen.
Mit voller Blase erst diskutieren zu müssen, bevor man die Toilette nutzen kann, das ist ziemlich unangenehm und demütigend. Die Hindernisse aus eigener Kraft aus dem Raum zu tragen, ist oft nicht möglich.
Einigen Betreiber*innen scheint es egal zu sein, ob sie behinderte Menschen benachteiligen und sie teilweise in entwürdigende Situationen bringen. Ein zusätzlicher Abstellraum ist ihnen wichtiger. Manchen anderen Betreiber*innen ist vielleicht gar nicht klar, dass der Durchgang, der für sie als Fußgänger*innen breit und gut nutzbar aussieht, für uns Rollstuhlfahrer*innen ganz anders aussieht und dass wir die Behinderten-Toilette so nicht mehr problemlos nutzen können.
Für diese Situationen habe ich ein Poster entwickelt, auf dem man sieht, welche freien Flächen in Behinderten-Toiletten vorgeschrieben sind und wofür sie gebraucht werden.
Collage aus 3 maßstabgetreuen Bauzeichnungen einer Behindertentoilette, links oben, rechts oben und rechts unten und einer größeren Frontalaufnahme eines Rollstuhlfahrers im Zentrum des Posters. In den WC-Bildern sind die nötigen Wendeflächen eingezeichnet. Durch eine Fotomontage des Rollstuhlfahrers, diesmal perspektivisch und von oben fotografiert, die typische Umsetz-Techniken zeigt, wird deutlich, wofür die vorgeschriebenen Freiflächen nötig sind. Links oben steht er vor der Toilette, in der 3 Wasserkästen, ein Putzwagen, ein kleinerer Lagerschrank und Toilettenpapier-Packungen einen Teil dieser Flächen zustellen. Er hebt ratlos die Hände.
Außerdem finden sich auf dem Plakat folgende Informationen: "Die Wendeflächen werden gebraucht. Auf beiden Seiten des WC muss 90 cm Platz sein. Vor WC und Waschbecken ist eine Bewegungsfläche von mindestens 150 x 150 cm erforderlich. Ob man von rechts, links oder von vorne gut umsetzen kann, hängt von der Behinderung ab. Nicht davon, wo gerade Platz übrig ist."
Eigentlich ist das Poster bunt und auf die Größe DIN A3 oder DIN A2 ausgelegt. Das Behinderten-WC-Poster kann man aber auch ganz unkompliziert auf normalem Druckerpapier in DIN A4 in schwarz-weiß ausdrucken.
Wenn man das nächste Mal in einer Behinderten-Toilette ist, in der Putzmittel oder anderer Kram auf den Wendeflächen steht, klebt man das Poster von außen an die Toilettentür. Damit alle sehen können, dass an dieser Toilette etwas nicht stimmt. Und damit diejenigen, die entschieden haben, die Behinderten-Toilette als Lagerraum zu missbrauchen, verstehen, das Rollstuhlfahrer*innen die Toilette so nicht mehr gut benutzen können und wofür die freien Flächen gebraucht werden. Dann hat man nicht nur den Frust über die vollgestellte Behinderten-Toilette, sondern immerhin auch ein kleines Erfolgserlebnis als Gegengewicht.
Ich selber habe immer ein paar Ausdrucke des Toiletten-Posters dabei. Hinten auf den Ecken des Blattes habe ich doppelseitige Klebeecken aufgeklebt. Vor Ort in der Toilette muss ich nur noch die Schutzfolien abziehen und kann das Poster ankleben. Ohne dass ich extra Tesafilm dabei haben müsste. Sehr praktisch.
Behinderten-WCs sind keine Abstellräume!
ist eins von 53 Motiven der Poster-Serie "bunt ist schöner", die sich für Respekt vor Menschen mit verschiedenen Lebenshintergründen einsetzt.Hinweise zu Nutzungsbedingungen der Poster-Serie von Kassandra Ruhm.