Querschnittgelähmt - Stefan Wesp ist wieder mobil#print

Querschnittgelähmt nach "Stoß" in einen Baggersee

Stefan Wesp ist wieder mobil - Feinste Umbautechnik mit Hub-Hebe-Rampe

Weiterstadt.- Der nächste Sommer kommt bestimmt. Am schönsten ist es dann am Baggersee. Mitten in Mutter Natur. Dachten sich auch die "Kerweborsch" (jugendliche Gruppe während der Kirchweihe) aus dem südhessischen Weiterstadt.

Voller sommerlicher Ausgelassenheit und jugendlichem Leichtsinn passierte es. Trotz Warnung eines Dritten wurde Stefan aus lauter Übermut von einem Kameraden von einem Badesteg in das nur ca. hüfttiefe Wasser gestoßen. Er fiel vornüber, stieß mit dem Kopf auf den Grund - und ein grausames Schicksal nahm seinen Lauf. Querschnittlähmung, endlose Krankenhaus- und Reha-Klinikaufenthalte. Eine Welt stürzte für den 23-jährigen gelernten Feinmechaniker, der in mehreren Bands und Orchestern Saxophon und Klarinette spielt und jetzt als Blasinstrumentenbauer arbeitet, zusammen. "Allein das dreiviertel Jahr in der Reha-Klinik scheint so lange zu dauern wie ein ganzes Leben", meint Stefan.

Eiserner Lebenswille, akzeptable Perspektiven, gute Therapeuten und sein familiäres Umfeld halfen dem jungen Mann wieder auf die - Räder. Erst und immer noch auf die eines Rollstuhls, dann auf die eines Autos. "Wieder auto-mobil zu sein, woran anfangs keiner geglaubt hatte, ist das höchste Glücksgefühl überhaupt", schwärmt der junge Weiterstädter, der nach seinem schweren Unfall umgeschult wurde zum Verwaltungsangestellten.


PKW mit Hebebühne auf dem BodenHebebühne auf Einrollhöhe in den PKW

War sein erstes Mobil ein Opel Calibra, "bei dem leider", wie Stefan meint, das Übersetzen und Rollstuhlverladen für die kurze Strecke zur Arbeit zu umständlich und anstrengend war, folgte darauf ein Van von DaimlerChrysler (Voyager).

Bei dessen nicht einfacher Umrüstung um komplett mit dem Rollstuhl in das Fahrzeug zu gelangen, entwickelten Stefan und seine Lebensgefährtin, ebenfalls Feinmechanikerin und heute sogar Meisterin in diesem Beruf eine raffinierte und vor allem sichere Technik, von der der Umrüster (Paravan-Gesellschaft) noch heute zugibt, dass die beiden seinerzeit (1998) "maßgeblich an der Entwicklung der Hub-Hebe-Rampe beteiligt gewesen waren".

Noch heute ist diese Technik eine sichere und zuverlässige Komponente bei der Umrüstung von Fahrzeugen, die mit einer Rollstuhleinfahrt versehen werden. Paravan-Entwicklungsleiter Ralf Giessler erinnert sich: "Durch die tolle Idee von Stefan Wesp konnten wir, und dies gleich bei den ersten umgerüsteten Fahrzeugen, deren Innenböden wir tiefergelegt und damit mehr Platz für die Rollstuhlfahrer geschaffen haben, die Hub-Hebe-Rampen noch sicherer machen. Wenn nämlich die Rampe ausgefahren ist und sich dem Boden angepasst hat, hätte es passieren können, dass ein Rollstuhl bei der Einfahrt in den Wagen und beim Hochziehen der Rampe, nach hinten abgerutscht wäre. Durch Stefans Idee ist dies nicht mehr möglich. Dafür sorgt eine automatische hintere Sperre. Also quasi eine Metallklappe, die sich automatisch aufrichtet, sobald sich die Bühne hebt". Kreuzstreben stabilisieren zusätzlich die Plattform beim "Hoch und Runter" und vermitteln so ein sicheres Gefühl für den Rollstuhlfahrer.

Inzwischen hat Stefan, dessen einfache und dennoch geniale Idee heute mehrere tausend Rollstuhlfahrer schützt und überzeugt von der Zuverlässigkeit der Paravan-Technik, nach acht Jahren ein neues Auto gekauft. Wieder einen DaimlerChrysler, und zwar einen Gran Voyager mit 2,8 Liter-Diesel. Er fährt über "seine" Rampe ins Fahrzeuginnere (alles vollautomatisch und funkfern-bedient: Tür öffnen, Rampe raus, Rampe wieder rein, Tür schließen) und zwar direkt mit seinem Rollstuhl hinters Lenkrad. Der Rollstuhl wird dabei automatisch arretiert, während Stefan den elektrisch verriegelten Dreipunktgurt angelegt bekommt.

Zahlreiche Umbauten im Fahrzeug wurden seinen Wünschen und seiner Behinderung entsprechend angepasst. Zum Beispiel die Standheizung, elektrisch betriebene schwenkbare Kopf- und Rückenstütze mit integrierten Blinker- und Fernlichtschalter, die "intime" Abdunklung im hinteren Bereich, die extrem leichtgängige Lenkung oder der automatische Dämmerungsschalter, um nur einige zu nennen.

Die moderne Umrüsttechnik von heute erlaubt es dem gehandicapten und einstigen Holzblasinstrumentenbauer wieder ein einigermaßen angenehmes Leben zu führen. Vor allem die Mobilität war es, deren aktueller Hochstand durch Stefan Wesp und seiner Lebensgefährtin einen maßgeblichen Impuls bekam. Davon partizipieren heute zahlreiche Menschen mit gleichem Schicksal. Und dass sich Stefan wieder für denselben Umrüster entschied, bezeichnet er als selbstverständlich, "denn die Menschen von der Alb sind freundlich und zuvorkommend und ihre Technik mit den aktuellen Innovationen ist einmalig".

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